- Festsetzungsverjährung: Was ist das?
- Festsetzungsfrist in der Einkommenssteuer
- Wahrung der Frist
- Beginn und Ablauf der Festsetzungsfrist in der Praxis
- Diese Fristverlängerungen sind möglich
- Festsetzungsfristen bei vorläufigen Steuerbescheiden
- Festsetzungsverjährung schafft Rechtssicherheit
- Steuerhinterziehung – kein Kavaliersdelikt
- FAQ: Häufige Fragen und Antworten
Das Wichtigste aus diesem Artikel
- Festsetzungsverjährung: Sie bestimmt, wie lange das Finanzamt Steuern festsetzen kann. Nach Ablauf der Frist erlöschen die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis.
- Festsetzungsfrist in der Einkommenssteuer: Beträgt grundsätzlich vier Jahre. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist oder die Steuererklärung abgegeben wurde.
- Fristverlängerungen: Bei leichtfertiger Steuerverkürzung beträgt die Festsetzungsfrist fünf Jahre und bei Steuerhinterziehung zehn Jahre.
- Ablaufhemmung: Durch bestimmte Tatbestände kann sich die Festsetzungsfrist verlängern, etwa durch offenbare Unrichtigkeiten oder einen vorläufigen Steuerbescheid.
- Vorläufige Steuerbescheide: Hierbei bleiben deine Rechtsansprüche auch nach Ablauf der Frist gewahrt, ohne dass du Einspruch einlegen musst. Bei einer für dich günstigen Gerichtsentscheidung ändert das Finanzamt den Bescheid automatisch nach Ablauf der Festsetzungsverjährung.
Festsetzungsverjährung: Was ist das?
Die Festsetzungsverjährung, oft auch Festsetzungsfrist genannt, ist eine Verjährungsfrist im Steuerrecht. Festsetzungsfristen sind für alle Besitz- und Verkehrssteuern in der Abgabenordnung, kurz AO, geregelt. Es gibt sie also nicht nur bei der Einkommenssteuer, sondern beispielsweise auch bei der Gewerbe- oder Erbschaftssteuer.
Die Festsetzungsverjährung regelt, wie lange das Finanzamt Steuern festsetzen kann. Ist sie abgelaufen, darf es keine Steuerbescheide mehr erlassen und bereits verschickte Steuerbescheide nicht mehr ändern oder aufheben. Der Eintritt der Verjährung hat zur Folge, dass die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen.
Als Steuerzahler:in kannst du dann sicher sein, dass das Finanzamt keine Steuern für die Vergangenheit nachfordern kann. Andersherum kannst du keine Steuervorteile mehr einklagen – auch dann nicht, wenn dein Steuerbescheid fehlerhaft war.
Quick-Info
- Die Festsetzungsverjährung gibt an, wie lange ein Steuerbescheid noch geändert werden kann.
- Die Zahlungsverjährung regelt, wann ein bereits festgesetzter Zahlungsanspruch erlischt.
Festsetzungsfrist in der Einkommenssteuer
Die Festsetzungsfrist beträgt bei der Einkommenssteuer vier Jahre. Wann die Festsetzungsfrist beginnt, kann allerdings von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Der Zeitpunkt, zu dem die Steuer entsteht – und zu dem die Frist zu laufen beginnt – ist davon abhängig, ob du dazu verpflichtet bist, eine Steuererklärung abzugeben. Auch der Abgabezeitpunkt spielt eine Rolle.
- Die Festsetzungsfrist beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.
- Gibst du eine Steuererklärung ab, beginnt die Festsetzungsverjährung erst zum Ende des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung beim Finanzamt abzugeben ist, beziehungsweise in dem sie eingereicht wurde.
- Wegen der sogenannten Anlaufhemmung beginnt die Festsetzungsverjährung jedoch spätestens mit Ablauf des dritten Kalenderjahres nach dem Entstehen der Steuer.
Die Festsetzungsfrist kann unter Umständen mehr als vier Jahre betragen, zum Beispiel, wenn du vergisst, deine Steuererklärung abzugeben oder sie falsch ausfüllst:
- Fünf Jahre bei leichtfertiger Steuerverkürzung
- Zehn Jahre bei Steuerhinterziehung
Kurz erklärt
Wahrung der Frist
Die Festsetzungsfrist gilt als eingehalten, wenn das Finanzamt den formwirksamen Steuerbescheid rechtzeitig absendet. Wann und auf welchem Weg er dem Steuerpflichtigen zugeht, ist dabei unerheblich. Verzögerungen durch die Weiterleitung der Sendung haben keinen Einfluss auf die Wirksamkeit.
Hat also beispielsweise ein:e Nachbar:in die Post entgegengenommen und überreicht dir den Steuerbescheid erst nach Ablauf der Festsetzungsverjährung, ist dieser trotzdem wirksam. Das gilt auch bei Verzögerungen durch Adressmängel.
Beginn und Ablauf der Festsetzungsfrist in der Praxis
Es gibt verschiedene Szenarien, wann die Ansprüche aus der Einkommenssteuer erlöschen. Bei der Einkommenssteuer 2020 verhält es sich beispielsweise folgendermaßen:
- Du bist nicht veranlagungspflichtig und gibst daher keine Steuererklärung ab: In diesem Fall entsteht die Einkommenssteuer bereits am 31.12.2020. Dementsprechend endet die Festsetzungsverjährung vier Jahre später am 31.12.2024.
- Du gibst deine Steuererklärung regulär 2021 ab: Die Einkommenssteuer entsteht mit Abgabe der Steuererklärung zum 31.12.2021. Die Festsetzungsverjährung endet vier Jahre danach am 31.12.2025.
- Du gibst deine Steuererklärung trotz Veranlagungspflicht nicht ab: Die Festsetzungsverjährung beginnt drei Jahre nach Entstehung der Steuer, also am 31.12.2023. Sie endet vier Jahre später am 31.12.2027. Durch Fahrlässigkeit oder Vorsatz kann sich die Frist allerdings auf fünf oder zehn Jahre verlängern.
Diese Fristverlängerungen sind möglich
Durch bestimmte Tatbestände kann sich die Festsetzungsfrist verlängern. Im Steuerrecht wird dies als Ablaufhemmung bezeichnet. Das Finanzamt hat dann länger als vier Jahre Zeit, den Steuerbescheid zu korrigieren. Mögliche Gründe für eine Verlängerung der Festsetzungsfrist bei der Einkommenssteuer sind:
- Offenbare Unrichtigkeiten: Bei augenfälligen Fehlern im Steuerbescheid kann das Finanzamt diese innerhalb eines Jahres nach Erstellung korrigieren.
- Rechtsbehelf, Festsetzungs- oder Änderungsantrag: Die Frist läuft so lange weiter, bis das Finanzamt über den Antrag entschieden hat.
- Vorläufige Steuerfestsetzung: Die Festsetzungsverjährung endet, wenn der Grund für die Vorläufigkeit nicht mehr besteht, und zwar ein Jahr, nachdem das Finanzamt Kenntnis davon erlangt hat.
Wichtig: Im Falle einer Ablaufhemmung kann die Festsetzungsverjährung während eines Kalenderjahres ablaufen.
Festsetzungsfristen bei vorläufigen Steuerbescheiden
Das Finanzamt kann einen erteilten Einkommenssteuerbescheid bei sogenannten Ungewissheiten in einigen Punkten für vorläufig erklären. Dann findest du zu Beginn folgenden Vermerk: „Der Bescheid ist nach § 165 Abs. 1 AO teilweise vorläufig.“ Solche Ungewissheiten sind meist anhängige Musterverfahren, die sehr viele Steuerpflichtige betreffen und über eine unbestimmte Zeit laufen.
Bei einem vorläufigen Steuerbescheid ist die Festsetzungsfrist im Rahmen der Ablaufhemmung für einige Punkte ausgesetzt, bis die Ungewissheit beseitigt ist. Welche das sind, erkennst du in den maschinellen Erläuterungen unter dem Steuerbescheid. Für alle anderen Punkte gilt die Ablaufhemmung nicht, sie sind nach Ablauf der Frist nicht mehr änderbar.
Als Steuerzahler:in profitierst du von der Regelung. Deine Rechtsansprüche bleiben dadurch auch nach Ablauf der Frist gewahrt, ohne dass du Einspruch einlegen musst. Fällt der Gerichtsentscheid zu deinen Gunsten aus, ändert das Finanzamt den Bescheid nach Ablauf der Festsetzungsverjährung automatisch. Bei nachteiligen Entscheiden ändert sich die einmal festgesetzte Steuer dagegen nicht. Für die Änderung des Steuerbescheids hat das Finanzamt ein Jahr Zeit.
Good to know
Festsetzungsverjährung schafft Rechtssicherheit
Die Festsetzungsfrist oder Festsetzungsverjährung bestimmt darüber, wann Ansprüche aus einem Steuerschuldverhältnis erlöschen, denn nach Ablauf der Frist kann das Finanzamt keine Steuern mehr nachfordern. Für die Einkommenssteuer beträgt die Festsetzungsfrist grundsätzlich vier Jahre. Der Lauf der Frist beginnt zum Ende des Jahres, in dem die Steuer entsteht, beziehungsweise in dem die Steuererklärung abgegeben wird. In einigen Fällen kann sich die Frist verlängern, dann können die festgesetzten Steuern aber nur zugunsten der Steuerzahler:innen geändert werden.
Steuerhinterziehung – kein Kavaliersdelikt
Steuerhinterziehung sehen viele immer noch als eine Art Wettbewerb. Wer bei der Einkommensteuererklärung „schummelt“, weil er zehn Tage mehr beim Arbeitsweg angegeben hat, hat im Grunde Steuern hinterzogen. Allerdings sollte die Verhältnismäßigkeit bei der Bewertung des Sachverhaltes gewahrt bleiben. Wer allerdings nach wie vor versucht, beispielsweise mit Kryptowährungen ansehnliche Gewinne zu erzielen, ohne diese zu versteuern, kann durchaus als kriminell eingestuft werden.
Das Strafmaß nach den Ansichten des Bundesgerichtshofes (BGH) sollte sich an folgenden Werten orientieren:
Hinterzogene Summe | Strafmaß |
bis 50.000 Euro | Einstellung gegen Auflagen |
ab 50.000 Euro | Geldstrafe |
bis 1.000.000 Euro | Geld- oder Freiheitsstrafe |
ab 1.000.000 Euro | Freiheitsstrafe ohne Bewährung |
Allerdings räumt der BGH sowohl strafmindernde als auch straferhöhende Umstände ein. Als strafmildernd gelten:
- Alter / Krankheit
- Bildungsferne Schicht
- Ehrenwertes Motiv für die Hinterziehung
- Selbstanzeige oder frühes Geständnis
- Bereitschaft zur Nachzahlung
- Mitarbeit bei der Aufklärung
Als strafverschärfend gelten die folgenden Umstände:
- Mangelnde Kooperationsbereitschaft
- Organisiertes Vorgehen
- Kenntnisse des Steuerrechts
- Persönliche Bereicherung
- Verschleierung
Im Jahr 2019 führten Italien und Deutschland die Tabelle der Steuerhinterziehung in Europa an:
Das Problem bei der Darstellung von Daten wie bei Steuerhinterziehung ist, dass es nur Schätzungen sein können. Vor dem Hintergrund, dass Selbstanzeigen strafmildernde Wirkung haben, ist eine Übersicht der Selbstanzeigen nach Bundesländern ganz interessant:
Bundesland | Anzahl Selbstanzeigen | ||||||
2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | |
Rheinland-Pfalz | 3.241 | 4.196 | 1.956 | 1.229 | 1.001 | 682 | 664 |
Baden- Württemberg |
6.292 | 9.038 | 2.730 | 1.208 | 412 | k.A. | 148 |
Niedersachsen | 2.862 | 3.797 | 2.381 | 926 | 986 | 827 | 524 |
Nordrhein- Westfalen |
4.509 | 7.551 | 3.071 | 655 | 414 | 217 | k.A. |
Bayern | 3.937 | 5.927 | 1.844 | 379 | 272 | 123 | 48 |
Hessen | 3.467 | 3.495 | 1.033 | 207 | 89 | 33 | 19 |
Hamburg | 637 | 880 | 146 | 91 | 58 | 36 | 13 |
Saarland | 299 | 730 | 134 | 91 | 51 | 22 | 10 |
Sachsen-Anhalt | 33 | 70 | 49 | 71 | k.A. | k.A. | k.A. |
Schleswig- Holstein |
445 | 571 | 262 | 62 | 45 | k.A. | k.A. |
Sachsen | 156 | 287 | 135 | 31 | 17 | 5 | 3 |
Bremen | 181 | 380 | 58 | 28 | 29 | 39 | 8 |
Brandenburg | 114 | 258 | 110 | 23 | 3 | 5 | 4 |
Berlin | 966 | 1.272 | 498 | 23 | 94 | 3 | k.A. |
Thüringen | 68 | 106 | 24 | 14 | 50 | 54 | 3 |
Mecklenburg- Vorpommern |
23 | 29 | 2 | 3 | 26 | 9 | 123 |
Gesamt | 27.230 | 38.587 | 14.433 | 4.981 | 3.547 | 2.055 | 1567 |
Quelle: konto.org
Dass die Steuerfahndung in Deutschland durchaus Erfolge nachweisen kann, belegt die folgende Statistik.
Anzahl der abgeschlossenen Steuerermittlungsverfahren in Deutschland zwischen 2011 und 2022: