- Wer hat Anspruch auf den Pflichtteil?
- Erbschaftssteuer bei geltend gemachtem Pflichtteil
- Berliner Testament: Mit Pflichtteil gegen Steuerlast
- Erbschaftssteuer: Auch beim Pflichtteil
Das Wichtigste aus diesem Artikel
- Pflichtteil: Bestimmte nahe Angehörige einer verstorbenen Person haben auf einen Teil des Nachlasses einen gesetzlichen Anspruch, den sie geltend machen können.
- Höhe des Pflichtteils: Der Pflichtteil entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
- Erbschaftssteuer beim Pflichtteil: Auch auf den Pflichtteil fällt ab der Geltendmachung Erbschaftssteuer an.
- Verzicht: Wird nach der Geltendmachung des Pflichtteils auf dessen Auszahlung verzichtet, muss dennoch Erbschaftssteuer darauf gezahlt werden.
Wer hat Anspruch auf den Pflichtteil?
Der Pflichtteil ist ein Teil des Nachlasses, auf den bestimmte nahe Angehörige gesetzlichen Anspruch haben, auch wenn sie durch ein Testament oder einen Erbvertrag enterbt wurden. Er dient dem Schutz der nächsten Familienangehörigen und stellt sicher, dass sie unter normalen Umständen nicht vollständig von der Erbfolge ausgeschlossen werden können.
Wer einen Pflichtteilsanspruch hat, ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Dazu gehören:
- Abkömmlinge: Dazu zählen Kinder, Enkel und Urenkel. Adoptivkinder sind leiblichen Kindern gleichgestellt.
- Ehe- oder eingetragene Lebenspartner:innen: Sie haben einen Anspruch auf den Pflichtteil, solange die Ehe oder Lebenspartnerschaft zum Zeitpunkt des Todes bestand.
- Eltern: Sie haben einen Pflichtteilsanspruch, wenn der:die Erblasser:in keine Abkömmlinge hat.
Geschwister und weiter entfernte Verwandte wie Nichten oder Neffen haben keinen Anspruch auf den Pflichtteil.
Höhe des Pflichtteils
Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, der den Berechtigten gemäß der gesetzlichen Erbfolge zugestanden hätte, wenn sie nicht enterbt worden wären. Die genaue Höhe wird auf Basis des Nachlasswertes berechnet.
Entziehung des Pflichtteils
Bestimmte Gründe können Pflichtteilsberechtigte allerdings vom Pflichtteil ausschließen. Diese sind in Paragraf 2333 BGB festgelegt und umfassen:
- Versuchten Mord: Wenn der:die Pflichtteilsberechtigte dem:der Erblasser:in oder nahen Angehörigen nach dem Leben getrachtet hat oder trachtet.
- Schweres Fehlverhalten: Wenn der:die Pflichtteilsberechtigte sich eines Verbrechens oder schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den:die Erblasser:in schuldig gemacht hat.
- Freiheitsstrafe: Wenn der:die Pflichtteilsberechtigte wegen einer vorsätzlichen Straftat eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung verbüßt oder deshalb in einer psychiatrischen Klinik oder Entziehungsanstalt untergebracht wurde.
- Ernsthafte Verletzung der Unterhaltspflichten: Wenn der:die Pflichtteilsberechtigte seine gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber dem:der Erblasser:in schwer verletzt hat.
In solchen Fällen kann der:die Erblasser:in in einem Testament oder Erbvertrag eine Enterbung aussprechen, die den Pflichtteilsanspruch entzieht. Allerdings muss der Enterbungsgrund konkret nachgewiesen und im Testament oder Erbvertrag eindeutig benannt werden.
Kurz erklärt
Durch dieses sogenannte Anfallsprinzip übernehmen die Erb:innen sowohl die Vermögenswerte als auch Schulden des Erblassers beziehungsweise der Erblasserin: Ab diesem Moment tragen sie die vollständige Verantwortung für den Nachlass.
Das Anfallsprinzip stellt sicher, dass es keine rechtliche Lücke zwischen dem Todeszeitpunkt und der Übernahme des Nachlasses gibt. Allerdings können Erb:innen innerhalb einer bestimmten Frist das Erbe ausschlagen.
Erbschaftssteuer bei geltend gemachtem Pflichtteil
Unmittelbar mit dem Tod der erblassenden Person entsteht der Pflichtteilsanspruch naher Angehöriger. Hier kommt das Anfallsprinzip allerdings nicht zur Geltung, da die Pflichtteilsberechtigten ihren Anspruch selbst geltend machen müssen.
Sobald das geschehen ist, wird der dem:der Erb:in zustehende Pflichtteil automatisch steuerpflichtig. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Zahlung des Pflichtteils tatsächlich erfolgt ist oder noch aussteht – entscheidend ist einzig die Geltendmachung des Anspruchs.
Das bedeutet allerdings auch: Wird der Pflichtteilsanspruch durch eine:n Berechtigten geltend gemacht, aber später auf die Durchsetzung verzichtet – etwa durch eine Einigung mit den Erb:innen – bleibt die Steuerpflicht dennoch bestehen. Die Erbschaftssteuer muss gezahlt werden, selbst wenn die Zahlung des Pflichtteils nicht erfolgt.
Diese Erbschaftssteuer fällt auf den Pflichtteil an
Die Erbschaftssteuer richtet sich zunächst nach der Steuerklasse der Erb:innen, die vom Verwandtschaftsgrad zur verstorbenen Person abhängt. Da Pflichtteilsberechtigte grundsätzlich in Steuerklasse I einzuordnen sind, wird je nach dem Wert des geerbten Vermögens ein Steuersatz von sieben bis 30 Prozent angewandt.
Übrigens: Die Steuerklassen im Rahmen einer Erbschaft sind etwas anderes als die bekannten Lohnsteuerklassen.
Pflichtteilsberechtigten stehen die gesetzlichen Freibeträge zu. Bis zu einer bestimmten Grenze wird für ein Erbe also keine Erbschaftssteuer fällig. Diese Freibeträge variieren je nach Verwandtschaftsgrad:
- Ehepartner:in: 500.000 Euro
- Kinder: 400.000 Euro
- Enkelkinder: 200.000 Euro
- Eltern: 100.000 Euro
Überschreitet die Höhe des Pflichtteils jedoch den Freibetrag, müssen Pflichtteilsberechtigte die anfallende Erbschaftssteuer zahlen.
Berliner Testament: Mit Pflichtteil gegen Steuerlast
Ein Berliner Testament ist eine besondere Form des Ehegattentestaments, in dem sich Ehepartner gegenseitig zu Alleinerb:innen einsetzen und die gemeinsamen Kinder erst nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Elternteils erben.
Das kann bei einem hohen Erbe die Steuerlast allerdings deutlich erhöhen, da dann der gesamte Nachlass auf einmal vererbt wird. Statt zweimal – einmal bei jedem Elternteil – können die Kinder ihre Freibeträge hier nur einmal nutzen. Der Pflichtteilsanspruch kann hier helfen.
Fordern die Kinder nämlich nach dem Tod des ersten Elternteils ihren Pflichtteil ein, wird dieser Anteil sofort versteuert. Dabei können die Kinder ihre Freibeträge in Höhe von jeweils 400.000 Euro nutzen. Der Nachlass des überlebenden Elternteils vermindert sich um den eingeforderten Pflichtteil. Das senkt auch die Erbschaftssteuer, die später bei dessen Tod anfällt.
Indem die Kinder beim Tod des ersten Elternteils ihren Pflichtteil einfordern, können sie ihre Freibeträge zweimal nutzen. Das reduziert die Gesamtsteuerlast deutlich, weil die Vermögenswerte auf zwei Steuerereignisse verteilt und die Freibeträge so optimal ausgenutzt werden.
Andere Möglichkeiten, die Last der Erbschaftssteuer zu senken, kann eine spezialisierte Steuerberatung aufdecken. Unter Umständen kann etwa der Verschonungsabschlag Anwendung finden.
Statistik
Erbschaftssteuer: Auch beim Pflichtteil
Der Pflichtteil sichert nahen Angehörigen einen Mindestanteil am Nachlass, selbst wenn sie enterbt wurden. Allerdings können bestimmte Gründe zur Entziehung des Pflichtteilsanspruchs führen.
Wird der Pflichtteil geltend gemacht, entsteht eine Erbschaftssteuerpflicht – unabhängig davon, ob der Anspruch durchgesetzt wird. Die Höhe der Steuer, berechnet nach Erbschaftssteuerklasse I, hängt von der Höhe des Pflichtteils ab, wobei hier verschiedene Freibeträge zur Anwendung kommen.