- Die Erbschaftssteuer in Deutschland
- Freibeträge, Steuerklassen und Ausnahmen
- Erben von Vermögen, das über den Freibetrag hinausgeht
- Erbschaftssteuer bei Immobilien
- Erbschaftssteuer durch Schenkung umgehen
- Erbangelegenheiten früh regeln und Freibeträge ausschöpfen
- FAQ: Häufige Fragen und Antworten
Das Wichtigste aus diesem Artikel
- Erbschaftssteuer in Deutschland: Vermögen, das durch Erbschaft erworben wird, ist steuerpflichtig. Die Höhe der Steuer hängt vom Verwandtschaftsgrad und der Höhe des Erbes ab.
- Freibeträge und Steuerklassen: Je näher die Verwandtschaft, desto höher ist der Freibetrag und desto geringer die zu zahlende Steuer. Es gibt drei verschiedene Erbschaftssteuerklassen.
- Vermögen über dem Freibetrag: Wenn das geerbte Vermögen den zulässigen Freibetrag übersteigt, muss darauf eine Erbschaftssteuer gezahlt werden.
- Sonderregelungen bei Immobilien: Für geerbte Immobilien gelten besondere Regelungen. In einigen Fällen kann die Nutzung als Familienheim von der Besteuerung ausgeschlossen sein.
- Schenkung als Alternative zur Erbschaft: Durch Schenkungen zu Lebzeiten kann unter Umständen die Zahlung von Erbschaftssteuern umgangen werden. Es gelten jedoch dieselben Freibeträge wie bei einer regulären Erbschaft.
Die Erbschaftssteuer in Deutschland
Im deutschen Grundgesetz steht der Grundsatz „Eigentum verpflichtet“. Durch ein Erbe werden die Begünstigten „steuerlich leistungsfähiger“, verfügen also über mehr Vermögen als der Bevölkerungsdurchschnitt. Vermögendere Bürger:innen sollen über die Erbschaftssteuer verstärkt für das Allgemeinwohl in die Pflicht genommen werden.
Ein Erbe wird vom Gesetzgeber wie eine Art zusätzliches Einkommen behandelt und die Steuer ist für den Staat ein Instrument für Umverteilungsmaßnahmen. Weil vor dem Gesetz in Deutschland alle Menschen gleich sind und Personen durch Vererbung allein aufgrund von familiärer Herkunft oder persönlicher Verbundenheit in den Besitz von Vermögen gelangen, soll eine Besteuerung regulierend wirken.
Erbschaftssteuerpflicht und -erklärung
Grundsätzlich unterliegt das gesamte Vermächtnis einer verstorbenen Person der Steuerpflicht. Allerdings wird der persönliche Nachlass von der Erbschaftssteuer ausgenommen: Das betrifft etwa Tagebücher, Kleidung oder Möbel. Wurden die Gegenstände früher im Alltag gebraucht, wird keine Erbschaftssteuer fällig, doch wurden die Objekte – etwa Bilder, Schmuck oder Autos – zur Vermögenssicherung erworben, greift die Erbschaftssteuerpflicht.
Sobald du eine Erbschaft antrittst, musst du eine Erbschaftssteuererklärung abgeben. Die Erbschaftssteuer wird nicht vom Bund, sondern von den Bundesländern erhoben. Das zuständige Finanzamt schickt in der Regel den entsprechenden Vordruck und setzt eine Frist zur Rücksendung. Erb:innen sind dazu verpflichtet, eine Erbschaft beim Finanzamt zu melden, sonst riskieren sie ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung.
Freibeträge, Steuerklassen und Ausnahmen
Wenn du ein Erbe antrittst, hängt es von zwei Faktoren ab, ob und wie viel Erbschaftssteuern du zahlen musst: von der Höhe des Vermögens und vom Verwandtschaftsgrad mit der:dem Erblasser:in. Sobald dein Erbe einen bestimmten Freibetrag überschreitet, musst du Erbschaftssteuern zahlen. Die Freibeträge sind ebenso vom Verwandtschaftsgrad abhängig.
Quick-Info
Ein Erbschaftssteuerfreibetrag gilt pro Person, die erbt – zwei Kinder bekommen also je einen Freibetrag. Finanzämter ordnen Erb:innen je nach Verwandtschaftsgrad in eine Erbschaftssteuerklasse ein. Die Erbschaftssteuerklasse hat nichts mit der Lohnsteuerklasse zu tun.
- Steuerklasse I: Ehepartner:in beziehungsweise Lebenspartner:in, Kinder, andere enge Verwandte
- Steuerklasse II: entferntere Verwandte wie Geschwister und deren Kinder, Schwiegereltern, Stiefeltern, geschiedene Ehepartner:in.
- Steuerklasse III: Erb:innen, die nicht mit der:dem Erblasser:in verwandt sind
Das sind die Steuerfreibeträge und die entsprechenden Erbschaftssteuerklassen:
Verwandschatsgrad | Freibetrag | Erbschaftssteuer |
Eherpartner:in | 500.000 Euro | Erbschaftsklasse 1 |
Kinder (auch Enkel verstorbener Eltern, Stief- und Adoptivkinder) | 400.000 Euro | Erbschatsklasse 1 |
Enkelkinder | 200.000 Euro | Erbschaftsklasse 1 |
Eltern und Großeltern | 100.000 Euro | Erbschaftsklasse 1 |
Entfernte Verwandte (z.B. Geschwister, Kinder der Geschwister, Stiefeltern, Schwiegerkinder) | 20.000 Euro | Erbschatsklasse 2 |
Nicht verwandt | 20.000 Euro | Erbschaftsklasse 3 |
Versorgungsfreibeträge für Lebenspartner:in und Kinder
Ehe-, eingetragene Lebenspartner:innen und Kinder der verstorbenen Person, die auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind, profitieren zudem von zusätzlichen Versorgungsfreibeträgen sowie dem Haushalts- und dem Pflegefreibetrag. Der Versorgungsfreibetrag soll die Versorgung dieser Personen sicherstellen:
- Ehe- und eingetragenen Lebenspartner:innen steht ein Versorgungsfreibetrag von 256.000 Euro zu.
- Kindern zwischen null und fünf Jahren steht ein Versorgungsfreibetrag von 52.000 Euro zu.
- Kinder zwischen dem 20. und 27. Lebensjahr erhalten einen Versorgungsfreibetrag von 10.300 Euro.
Quick-Tipp
Wann außerdem keine Steuer fällig wird
Erb:innen können gegebenenfalls von weiteren Ausnahmen profitieren. Hier sind nur einige aufgezählt:
- Für vererbten Hausrat im Wert von bis zu 42.000 Euro und andere bewegliche Gegenstände bis zu einem Wert von 12.000 Euro sind Erb:innen der Steuerklasse I von der Steuer befreit. Gut zu wissen: Diese Steuerbefreiungen schmälern nicht den persönlichen Freibetrag.
- Angehörige der Steuerklassen II und III sind steuerbefreit für Hausrat und andere bewegliche Gegenstände bis zu einem Gesamtwert von 12.000 Euro.
- Erb:innen in Steuerklasse I brauchen selbst genutzten Wohnraum unter bestimmten Voraussetzungen nicht versteuern.
- Kunstsammlungen und wissenschaftliche Sammlungen, Archive und sogar Grundbesitz sind zu 60 Prozent ihres Wertes steuerfrei, wenn ihre Bedeutung für Wissenschaft und Kunst im öffentlichen Interesse liegt, die jährlichen Kosten die erzielten Gewinne übersteigen und die Gegenstände oder Bücher der Öffentlichkeit zugänglich sind.
- Grundbesitz (auch in Teilen), wie etwa ein Park, der für die Allgemeinheit zugänglich ist und dessen Ausgaben die Einnahmen übersteigen, ist befreit von der Erbschaftssteuer. Es darf mit dem Grundbesitz kein Gewinn gemacht werden.
Solltest du das Erbe ausschlagen, wird keine Erbschaftssteuer fällig. Innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Kenntnis des Erbfalls kannst du das Erbe beim Nachlassgericht ablehnen. Das kann sich lohnen, wenn die Erblasser:innen Schulden hatten. Denn auch Verbindlichkeiten werden vererbt.
Erben von Vermögen, das über den Freibetrag hinausgeht
Wenn ein Erbe so hoch ist, dass es über den Freibetrag hinausgeht, muss Erbschaftssteuer gezahlt werden. Die Höhe richtet sich nach den drei Steuerklassen und nach dem Wert des Erbes:
Wert des Erbes | Steuerklasse I | Steuerklasse II | Steuerklasse III |
Bis 75.000 Euro | 7 Prozent | 15 Prozent | 30 Prozent |
Bis 300.000 Euro | 11 Prozent | 20 Prozent | 30 Prozent |
Bis 600.000 Euro | 15 Prozent | 25 Prozent | 30 Prozent |
Bis 6.000.000 Euro | 19 Prozent | 30 Prozent | 30 Prozent |
Bis 13.000.000 Euro | 23 Prozent | 35 Prozent | 50 Prozent |
Bis 26.000.000 Euro | 27 Prozent | 40 Prozent | 50 Prozent |
Mehr als 26.000.000 Euro | 30 Prozent | 43 Prozent | 50 Prozent |
Erbschaftssteuer bei Immobilien
Für Erb:innen von Immobilien gelten besondere Regelungen – und ab 2023 höhere Belastungen durch die Erbschaftssteuer, denn der Wert der Immobilie könnte durch ein neues Bewertungsverfahren deutlich zunehmen. Gut ist jedoch: Es fallen weder Grunderwerbssteuern noch Einkommenssteuern an. Die Höhe der anfallenden Steuer ist:
- Abhängig vom ermittelten Verkehrswert des Hauses
- Abhängig vom Verwandtschaftsgrad von Erblasser:in und Erb:innen
Nicht von der Erbschaftssteuer betroffen ist das Familienheim – wenn die verstorbene Person die Immobilie selbst bewohnt hat und sie an Ehepartner:in oder Kinder vererbt. Und wenn die Erb:innen, sollten sie die Immobilie nicht bereits bewohnen, innerhalb von sechs Monaten in die Wohnung oder das Haus einziehen und dort mindestens zehn Jahre lang wohnen bleiben. Zudem darf die Wohnfläche der Immobilie bei der Vererbung an Kinder maximal 200 Quadratmeter betragen.
Gut zu wissen
Erbschaftssteuer durch Schenkung umgehen
Um zu verhindern, dass ältere Menschen ihr Vermögen durch eine Schenkung übertragen, um die Erbschaftssteuer zu umgehen, hat der Staat Erbschaft- und Schenkungssteuer im selben Gesetz geregelt und analog gestaltet: Es gelten bei einer Schenkung die gleichen Steuerfreibeträge wie bei der Erbschaft. Bedenke: Bei einer Schenkung gibt es keinen Versorgungsfreibetrag.
Bei Schenkungen zu Lebzeiten können die Erbschafts- und die Schenkungssteuer umgangen werden. Denn: Alle zehn Jahre dürfen die Freibeträge voll ausgeschöpft werden.
Ein Beispiel: Eine Mutter, die ihrem Kind 800.000 Euro vermachen möchte, kann dem Kind im Abstand von zehn Jahren zweimal eine Schenkung von 400.000 Euro – so hoch ist der Freibetrag beim Vererben an die Kinder – machen. So fallen auf das Erbe keine Steuern an. Würde das Kind 800.000 Euro auf einmal erben, müsste es auf 400.000 Euro Erbschaftssteuer von 15 Prozent entrichten, wie in der Tabelle oben ersichtlich.
Doch Vorsicht: Wenn Erblasser:innen innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Tod eine Schenkung vorgenommen haben, wird diese auf das Erbe angerechnet, sobald die Freigrenze überschritten wird. Eine Erbschafts- oder Schenkungssteuer lässt sich also nur dann umgehen, wenn die Erb:innen alle zehn Jahre Vermögen unter dem Wert der Freigrenze geschenkt bekommen. Die letzte Schenkung muss zehn Jahre vor dem Tod der Erblasser:innen vollzogen werden – es sei denn, der übrig gebliebene Nachlass fällt noch unter die Freigrenze.
Erbangelegenheiten früh regeln und Freibeträge ausschöpfen
Ein Erbe muss in Deutschland beim Finanzamt gemeldet werden. Auch Banken und andere Behörden haben die Pflicht, dem zuständigen Finanzamt eine Erbschaft zu melden. Der jeweilige Verwandtschaftsgrad und die Höhe des Vermögens bestimmen die Höhe der fälligen Steuern. Solange Freibeträge für die Hinterbliebenen nicht überschritten werden, muss keine Erbschaftssteuer gezahlt werden. Bei Immobilien gelten besondere Regelungen. In einigen Fällen lohnt sich eine Schenkung noch zu Lebenszeiten der Erblasser:innen, um Erbschaftssteuern zu umgehen.
Erbschaftssteuer steigt kontinuierlich an
Das Thema Erbschaftssteuer lässt so manchen aufhorchen, und das aus gutem Grund. Gerade in Zeiten, in denen die klassische Eheschließung nicht mehr den Stellenwert hat, wie vor 50 Jahren, kann das Ableben der Partner für die Hinterbliebenen bitter werden. Auch ohne Trauschein ist es üblich, gemeinsam Eigentum wie Immobilien zu erwerben, und im Alter gemeinsame Träume und Lebensziele zu verfolgen. Hart wird es dann, wenn der Fall des Ablebens eintritt. Ein Blick in die oben dargestellte Erbschaftssteuertabelle zeigt, dass, gerade bei Immobilienbesitz, die Forderung des Finanzamtes sechsstellig werden kann. Hier sollten im Vorfeld alle Register zur Erbschaftssteuervermeidung gezogen werden.
Der Deutschlandfunk titelte in seiner Onlineausgabe vom 7. August 2023 “Immobilien erben kann teuer werden.”
Wie hoch sind die Erbschaftssteuereinnahmen in Deutschland?
Schauen wir uns einmal an, wie hoch der Anteil der Erbschaftssteuer am Gesamtsteueraufkommen in der Bundesrepublik Deutschland ausfällt:
Quelle: deutschlandfunk.de
Im Gesamthaushalt macht sich die Erbschaftssteuer nicht so bemerkbar, auch wenn sie in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen ist:
Jahr |
Festgesetzte Erbschaftssteuer in Mrd Euro |
tatsächlich eingenommen in Mrd Euro |
2022 | 11,4 | 9,23 |
2021 | 11,1 | 9,82 |
2020 | 8,5 | 8,6 |
2019 | 7,1 | 6,99 |
2018 | 6,7 | 6,81 |
2017 | 6,3 | 6,11 |
2016 | 6,8 | 7,01 |
2015 | 5,5 | 6,28 |
2014 | 5,4 | 5,45 |
2013 | 4,7 | 4,63 |
Quelle: BMF / wirtschaftsdienst.eu
Es wird häufig vergessen, dass die Erbschaftssteuer rechtlich gesehen die Schenkungssteuer ist. Bei der Betrachtung dieser Steuerart ist es also präzise, wenn zwischen den Formen des Eigentumsübertrages, Erbschaft oder Schenkung, differenziert wird. Die folgende Grafik verdeutlicht, dass die Deutschen lieber vererben, als verschenken.
Anzahl der steuerpflichtigen Erbschaften und Schenkungen in Deutschland von 2009 bis 2022
Quelle: statista.de