Mit der Unternehmenspraxis wandelt sich in den letzten Jahren auch die Finanzierungspraxis – Globalisierung und Digitalisierung zwingen viele hierbei, weiter zu denken als bisher. So beginnen KMUs (kleine und mittelständische Unternehmen) verstärkt auf vielfältige Finanzanbieter zu setzen, um sich möglichst viel Flexibilität bei der kurzfristigen Unternehmensfinanzierung zu sichern.
Im September 2018 wurden Führungskräfte aus dem Finanzbereich in einer Studie zu ihrer Einschätzung befragt. Zentrale Fragestellung: Welche Finanzierungsformen werden in der Mittelstandsfinanzierung für KMUs künftig an Relevanz gewinnen?
Im Folgenden fassen wir die Ergebnisse der Studie für Sie zusammen. So viel vorweg: Wo heute noch der klassische Kontokorrentkredit vorherrscht, erwarten die Befragten zukünftig eine wesentlich breitere Diversifizierung – u.a. Working Capital Optimierung und zunehmend auch Supply Chain Finance rücken im Jahr 2019 ins Zentrum des Interesses vieler mittelständischer Unternehmen. Darauf sollten Sie ein Auge haben.
Wie sieht Mittelstandsfinanzierung heute aus?
Mit 96 Prozent Verbreitung innerhalb der befragten Unternehmen aus dem deutschen Mittelstand stellt der klassische Kontokorrentkredit auch heute eine starke Säule der Unternehmensfinanzierung dar. Allerdings ranken sich an dieser Säule zunehmend auch andere Finanzierungsformen und gewinnen mehr Relevanz für deutsche KMUs: So findet auch das Factoring mit 48 Prozent Verbreitung Einsatz bei den befragten Mittelständlern – eine Finanzierungsform, die vor rund zehn Jahren vor allem durch einen Mangel an Beliebtheit auffiel.
Bankenunabhängige Lösungen auf dem Vormarsch: Der Klassiker kämpft mit Konkurrenz
Laut Einschätzung der Studienteilnehmer wird der Klassiker bei der kurzfristigen Finanzierung – der Kontokorrentkredit – zwar vorerst nicht weichen, Factoring wird aber auf jeden Fall an Bedeutung zunehmen. Ebenso werden es die bankenunabhängigen Finanzierungslösungen tun, die sich heute schon mit rund 9 Prozent Verwendung bei deutschen KMUS finden. Zu diesen zählen beispielsweise auch die Supplier Payments Lösungen von American Express.
Working Capital optimieren: die Finanzierung des Umlaufvermögens verstärkt im Fokus
Neben der reinen Finanzierung nutzen zwei Drittel der befragten Unternehmen die ihnen zur Verfügung stehenden Finanzierungsinstrumente auch für eine Optimierung und Verbesserung des Working Capital.
Für eine Verbesserung des operativen Cashflows setzen viele neben Kontokorrentkredit (62 Prozent) und Factoring (57 Prozent) auf vergleichsweise „neue“ Formen der Finanzierung. So finden sich laut Befragung bei nahezu jedem fünften deutschen Unternehmen Supply Chain Finance (rund 19 Prozent) wieder, während bei 14 Prozent auch kartenbasierte Lösungen zum Einsatz kommen.
Als Vorteil der „neuen“ Methoden zur Mittelstandsfinanzierung wird hier eine erhöhte Flexibilität genannt. Für KMUs sind zwei Teilaspekte davon besonders relevant:
- Eine auf die jeweiligen Finanzierungsbedürfnisse zugeschnittene Anwendbarkeit
- Eine relativ einfache Integration in vorhandene IT-Strukturen
Supply Chain Finance: eine Finanzierungsform mit Wachstumspotenzial
Das soeben erwähnte Supply Chain Finance kommt heute zwar nur bei rund 16 Prozent der befragten Mittelständler zum Einsatz, erwähnenswert ist jedoch, dass 40 Prozent angaben, sich mit ihrer Einführung ins Unternehmen zu beschäftigen.
Die künftige Bedeutung dieser Finanzierungsform, bei der Lieferanten eines Unternehmens ihre Forderungen an ein Kreditinstitut verkaufen, gaben 54 Prozent der Befragten als „wichtig“ oder „sehr wichtig“ an. Das Wachstumspotenzial von Supply Chain Finance ist für die nächsten Jahre also kaum zu verkennen.
Internationaler Zahlungsverkehr: Deutsche KMUs sind mit den Lösungen zufrieden
Das hohe Exportvolumen deutscher Mittelständler besitzt großen Einfluss auf die kurzfristige Unternehmensfinanzierung – auch auf zwei Drittel der Befragten. Sie betrachten den internationalen Zahlungsverkehr als „wichtig“ oder „sehr wichtig“ und setzen hierbei stark auf Fremdwährungsabsicherung (83 Prozent), die ihnen laut den Aussagen einfache und effiziente Abwicklung ermöglicht. Außerdem gäbe es hier nur wenige Verbesserungsmöglichkeiten, sodass die Prognose klar ausfällt: Das Fremdwährungskonto bleibt.
Fazit: Diese Trends lohnt es sich zu verfolgen
Mit Ausnahme ihrer Fremdwährungskonten sind viele deutsche KMUs gerade dabei, ihre Unternehmensfinanzierung zu überdenken. Die folgenden Trends in der Mittelstandsfinanzierung lohnt es sich daher besonders zu verfolgen, um in Zukunft die für Sie relevantesten Finanzierungsformen zu finden:
- Der Klassiker der kurzfristigen Unternehmensfinanzierung für KMUs – der Kontokorrentkredit – hat verstärkt mit Konkurrenz zu kämpfen: Factoring, bankenunabhängige und kartenbasierte Finanzierungslösungen nehmen deutlich an Relevanz zu.
- Die Optimierung des Working Capital wird nicht mehr als „Nebeneffekt“ der Unternehmensfinanzierung betrachtet – Supply Chain Finance und kartenbasierte Lösungen, die sich hierfür besonders eignen, werden zunehmend beliebter.
- Immer mehr KMUs beschäftigen sich mit dem Einsatz von Supply Chain Finance – diese Finanzierungsform wird in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen.
Details zur Studie
Insgesamt haben 30 Unternehmen an der Befragung teilgenommen. Etwa die Hälfte der Unternehmen erreicht einen Umsatz von 100 Mio. Euro. Der Durchschnittsumsatz der Unternehmen lag bei ca. 200 Mio. Euro.
Bei der Branchenverteilung der Unternehmen stellen die Unternehmen des Maschinenbaus und die Unternehmen der Stahl- und Metallverarbeitung die am häufigsten vertretenen Branchen dar. Unter den Sonstigen befinden sich Unternehmen des Einzelhandels, der Elektrotechnik, der Chemie und aus dem Bereich Bau- und Rohstoffherstellung.