‚Moonshot Thinking‘: Ziele und Visionen im Blick
Auf welche Werte sollte eine positive Zukunftsvision bauen? Auf diese Frage hat jeder Mensch seine eigenen Antworten – ob persönlich, geschäftlich oder global.
Positive Zielbilder können solche Zukunftsvisionen möglich machen. Was wir dazu brauchen, sind Mut und Großdenken, sogenanntes Moonshot Thinking. So wie damals bei der Mondlandung. Nur so wird vermeintlich Unmögliches möglich. Den radikalen Veränderungen der Gegenwart können wir nicht ohne radikale Veränderungen innerhalb unserer Organisationen und unserer Gesellschaft begegnen.
Praxisbeispiel: extremer Stresstest für Unternehmen – auch für American Express
50.000 Menschen weltweit von Büroarbeit auf Homeoffice umstellen – binnen einer Woche: Das ist wahrscheinlich für viele Unternehmen eine extreme Herausforderung. Noch dazu wenn dafür innerhalb kürzester Zeit 35.000 Laptops organisiert werden müssen.
American Express hat die Umstellung auf Homeoffice mit Hilfe eines klaren, positiven Zielbildes geschafft. Konkret: mit partnerschaftlicher Zusammenarbeit. „Das hat anfangs durchaus geknirscht, zum Beispiel wenn plötzlich Online-Konferenzen mit angeschalteter Kamera angesagt waren“, erinnert sich Linh Bergen-Peters von American Express und fügt hinzu:
„Doch es hat auch ein besseres, fokussierteres und effizienteres Arbeiten ermöglicht. Die Kolleg:innen haben mehr Entscheidungen selbst getroffen, ein natürliches Empowerment entstand. Das stärkt alle Beschäftigten und ist gut für das Unternehmen – das sind positive Veränderungen, die wir gerne mitnehmen.“
Neues Denken als Schlüssel zum Business-Erfolg
Die Frage ist nicht, ob, sondern wie wir uns verändern: „Disruption by Design or Desaster.“ Organisationen sind gezwungen, alte Ansätze zu überdenken und sich auf grundlegende Veränderungen einzulassen. Bisher Bewährtes erweist sich zunehmend als unbrauchbar. Durch Volatilität werden die Geschwindigkeit, der Umfang und die Dynamik von Veränderungen stetig größer. Unvorhersagbarkeit und Schwankungsbreite nehmen zu.
In solchen Zeiten hochdynamischen Wandels braucht es Halt. Menschen, Organisationen und Gesellschaften sehnen sich nach einem Anker, der Sicherheit gibt. Eine gemeinsame Vision bietet diesen Rahmen. Sie schafft Verbindung und Verbindlichkeit mit Ausrichtung auf ein gemeinsames Ziel. Eine solche Vision sollte positiv sein und befeuert werden durch Sinnhaftigkeit und Purpose. Dieser sollte richtungsweisend sein für Organisationen, die daraus nicht nur ihre Strategie ableiten, sondern gleichzeitig durch transparente und partizipative Prozesse das gesamte Unternehmen ausrichten und motivieren.
Beispiel Interface: mit Leidenschaft für die nachhaltige Produktion
Das Unternehmen Interface schafft es, mit seinem Bekenntnis „Geschäfte so zu führen, dass es dem Planeten gerecht wird und ein lebenswertes Klima schafft“, die Energiewende voranzutreiben. Tausende Mitarbeitende bei dem Hersteller für textile Bodenbeläge sind leidenschaftliche Zukunftsgestalter:innen.
Positive Visionen dienen als Gegenpol zur Instabilität der Umgebung und verleihen ihr etwas Stabilisierendes. Wir benötigen stabilisierende Wertemuster, gemeinsame Ziele und positive Zukunftsbilder. Sie bilden die Grundlage für unsere (Organisations-)Kultur, sie sind der Gegenpol in einem instabilen operativen Kontext. Sie geben Menschen Halt und Richtung, sie ermöglichen Vertrauen und Fokus. Denn, so sagt Dr. Pechstein: „Der Mensch ist das einzige Individuum, das sich seine Zukunft vorstellen kann.“
Nicht-Automatisierbares wird unglaublich bedeutsam
Die Halbwertszeit von Wissen wird immer geringer. Algorithmen, Wikis und Suchmaschinen wissen bereits heute mehr als wir. Das für Jobs notwendige Fachwissen hat für immer weniger Jahre Gültigkeit. Während frühere Generationen ihr Leben lang einen erlernten Beruf ausübten, müssen sich Menschen heute zunehmend auf Neuerungen einstellen. Lebenslanges Lernen wird zur Normalität.
Der Mensch ist das einzige Individuum, das sich seine Zukunft vorstellen kann.
Die herausragende Fähigkeit, sich weiterzuentwickeln und ständig dazuzulernen, ist bei uns Menschen besonders gut ausgeprägt. Sie macht uns als Individuen, Organisationen und Gesellschaft überhaupt erst anpassungs- und damit überlebensfähig. Aus dem Blickwinkel von Gesellschafts- und Organisationsentwicklung kann es eigentlich nichts Wichtigeres geben. In Zeiten digitalen Wandels wird alles, was automatisiert werden kann, auch automatisiert werden. All das hingegen, was nicht automatisiert werden kann, wird unglaublich bedeutsam werden. Und dies sind unsere menschlichen Kompetenzen und damit verbunden ein neuer Humanismus.
Der Unsicherheit und Beschleunigung unserer Welt kann nur begegnet werden, indem Menschen zum Handeln befähigt werden. Wenn sie zu aktiv Beteiligten statt passiv Betroffenen werden. Und dazu braucht es zum einen das Erlernen neuer Kompetenzen, Zukunftskompetenzen oder Future Skills. Kompetenzen wie Empathie, systemisches Denken, Führungskompetenz, Entre- und Intrapreneurship und Resilienz.
Zum anderen braucht es aber auch eine Umgebung, die durch Vertrauen und Augenhöhe geprägt ist. Ein Umfeld, das Freiraum für Mut und Wachstum gibt. Das fördert, ermutigt und unterstützt. Damit alle entsprechend ihren Fähigkeiten wachsen und sich im Sinne aller selbstwirksam einbringen können. Und dafür braucht es Begegnung.
Wir leben im Zeitalter der Möglichkeiten
Das 21. Jahrhundert ist das Zeitalter der Möglichkeiten. Noch nie in der Geschichte der Menschheit war es so einfach, als Individuum Anteil zu nehmen an der Gestaltung der Zukunft und Veränderung der Welt. Nie war Unternehmertum so einfach, waren Informationen und Wissen so leicht zugänglich und war Gemeinschaft so leicht organisierbar.
Die Frage in Krisen und Zeiten des Wandels ist also nicht, wie wir uns wieder erholen, indem wir zum Ursprungszustand zurückkehren, sondern wie es uns gelingt, gemeinsam einen neuen, einen besseren Zustand zu erschaffen.
Lesen Sie mehr von Dr. Arndt Pechstein bei Trends & Insights
Falls Sie noch mehr vom Innovationsexperten Dr. Arndt Pechstein lesen möchten, haben wir in unserem Online-Magazin mit „Rückkehr persönlicher Business-Meetings: die Vorteile für Ihr Business“ einen weiteren spannenden Artikel für Sie. Hier erklärt der Entrepreneur, Berater, Coach und Keynote-Speaker, wie Unternehmen von der neuen Wertschätzung persönlicher Treffen profitieren und worauf es dabei zu achten gilt.
Mehr zum Kompetenz-Set für morgen finden Sie in dem Buch „Future Skills: 30 zukunftsentscheidende Kompetenzen und wie wir sie lernen können“ – herausgegeben von Peter Spiegel, Dr. Arndt Pechstein, Annekathrin Grüneberg und Anabel Ternès von Hattburg.