Mit Philip Vocke im Gespräch
Herr Vocke, Sie verkaufen mit FirstLoveCoffee sehr erfolgreich Kaffeespezialitäten. Und zwar aus umgebauten türkisen Pferdeanhängern auf Rockfestivals und Beachvolleyballturnieren. Wie kommt man auf so eine Idee?
Zuerst war die Idee „Kaffee aus einem Mobilen Gefährt“, da war noch gar nicht klar, dass es ein Pferdeanhänger wird, es gab auch andere Optionen. Am Ende habe ich mich dann für diese eher außergewöhnliche Variante entschieden und dann kam eins zum anderen. Die Farbe, der Markenname – das hat sich alles im Laufe der Zeit entwickelt. Zu starten, bevor man das Konzept vollständig ausgearbeitet hat, ist in jedem Fall besser, als am Ende den Schritt in die Selbständigkeit überhaupt nicht zu wagen.
Was denken Sie: Was macht eine gute Geschäftsidee aus?
Generell glaube ich, ist es erstmal wichtig zu verstehen, was die Kundenbedürfnisse sind. Nur wenn man das verstanden hat, kann man ein Produkt anbieten, das für die Kunden und ihre Bedürfnisse relevant ist.
Der zweite Punkt ist dann, eine starke und vielleicht auch ungewöhnliche Marketingstrategie zu wählen. Bei uns ist das beispielsweise der türkise Hänger, der auffällig ist, weil es eine Farbe ist, die man nicht überall sieht und dadurch sticht FirstLoveCoffee heraus.
Der dritte Punkt ist Conversion. Da geht’s darum, dem Kunden die Auswahl, die Entscheidung und den Kaufabschluss so einfach wie möglich zu machen.
Und wie macht man der Kundschaft die Entscheidung so einfach wie möglich?
Bei uns zahlt beispielsweise unser kleines, aber feines Sortiment darauf ein. Wir haben über die Jahre gelernt, dass ein größeres Sortiment nicht dazu führt, dass wir mehr Umsatz machen. Es führt zunächst dazu, dass die Kunden länger überlegen, der Umsatz sich auf mehr Produkte verteilt, was die Komplexität erhöht, weil auch mehr Produkte gemanagt werden müssen.
Als Beispiel, haben wir früher neben Waffeln – die eines unserer meistverkauften Produkte sind – auch Muffins und Cookies verkauft. Weil sie nicht so gut liefen und auch schnell zerbrechen und dann unverkäuflich sind, haben wir die Cookies aus dem Sortiment genommen. Und siehe da: Auf einmal machten wir nur mit den Muffins mehr Umsatz als vorher mit den Muffins und Cookies zusammen.
Was einfach daran liegt, dass das Angebot in Sachen Süßspeisen jetzt fokussierter ist. Auch in der Warenpräsentation ist es einfacher und sieht dazu besser aus. Und am Ende ist es ja meistens eh so, dass der Kunde nur ein Produkt kauft. Wenn er was essen will, kauft er entweder einen Muffin oder eine Waffel. Da bringt es wenig, noch mehr anzubieten, außer man erfüllt damit zusätzliche Kundenbedürfnisse. Aber auch da ist die Überlegung: Wie viel mehr Umsatz kann ich mit einem zusätzlichen Produkt generieren? Meine Erfahrung ist: Beim Sortiment ist weniger oft mehr.
Das klingt, als hätten Sie die Bedürfnisse Ihrer Kundschaft genauso gut im Blick wie Ihren Absatz.
Wir beschäftigen uns sicherlich 5-10% unserer Zeit mit Analytics. Einerseits schauen wir dabei auf Umsatzerlöse: Tagesumsätze respektive Umsätze pro Stunde. Damit wir unsere Kennzahlen optimieren und unsere Mitarbeiter:innen darauf incentivieren können.
Der zweite Punkt ist die Sortimentsanalyse, um eben zu sehen, welche Produkte gut, welche nicht so gut laufen und wo Potenzial oder Bedarf für Anpassungen ist.
Was wir sehen, ist, dass Amex-Karten durchschnittlich mehr Umsatz generieren als die Karten anderer Anbieter.
Gleichzeitig probieren Sie aber immer wieder Neues aus. Was halten Sie von schnelllebigen Gastro- oder Kaffeetrends - bergen die für Sie Business-Potenzial?
Generell schauen wir natürlich auf alle neuen Entwicklungen, die es im Kaffeemarkt gibt, und bieten da auch teilweise Produkte an. Zum Beispiel sind wir jetzt demnächst auf dem Deichbrand Festival und da haben wir eine Nitroanlage, damit können wir Cold Brew oder eben Nitro anbieten. Erfahrungsgemäß ist es aber so, dass sich die Deutschen mit solchen Innovationen im Bereich Kaffee schwertun. Das Thema Cold Brew ist beispielsweise in Ländern wie den USA oder England schon sehr groß. In Deutschland hat das eher ein Nischendasein. Man findet es in den Läden, aber es ist wirklich noch nicht in der breiten Masse angekommen. Das sehen wir auch bei den Absätzen: Die sind auf einem eher niedrigen Niveau im Vergleich zu anderen Produkten. Da ist, was das Thema Nitro oder Cold Brew angeht, noch viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit zu leisten.
Wo Sie gerade über Absätze sprechen: Wie groß ist der Anteil an Kartenzahlungen bei Ihnen?
Der Anteil ist in den letzten Jahren auf 30 bis 35 Prozent angestiegen. Wenn es nach mir ginge, wären wir bei 100%. Aber man muss sagen, dass die Deutschen ihr Bargeld lieben. Gleichwohl ist es natürlich so, dass Karten- oder Handy-Zahlung für uns sehr viele Vorteile hat. Zum einen die Geschwindigkeit, zum anderen können weniger Fehler passieren und auch das Bargeld-Handling nach Kassenschluss ist Arbeit, die man bei Kartenzahlung nicht hat.
Wir akzeptieren deshalb schon ab 1 Cent Kartenzahlung und versuchen Kunden, in die Richtung zu bewegen – haben das Terminal sehr präsent dastehen und einen Störer, auf dem steht: Bitte mit Karte zahlen. Das hat geholfen, nochmal 5-10 Prozent rauszuholen, aber gerade bei kleinen Beträgen haben die Leute weiterhin Hemmungen, mit Karte zu zahlen.
FirstLoveCoffee nimmt an Amex Offers teil. Wie wirkt sich das aufs Tagesgeschäft aus?
Bei uns ist der Anteil an Amex-Kundschaft überproportional hoch. Dazu generiert die Amex-Kundschaft durchschnittlich auch mehr Umsatz als Kundschaft mit den Karten anderer Anbieter. Deshalb ist es für uns nur logisch und sinnvoll, am Amex-eigenen Vorteilsprogramm teilzunehmen und Karteninhabern die Möglichkeit zu bieten, Punkte zu sammeln. Viele freuen sich natürlich über so einen Extra-Benefit und wenn sich unsere Kundschaft freut, ist das immer gut.
Herr Vocke, wir danken Ihnen für den Einblick in Ihren Business-Alltag und wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft.
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