Nomadische Digitalarbeit hält Expertise im Unternehmen
Mit dem Lebensentwurf Digital Nomad werden in erster Linie erfolgreiche Freelancer:innen aus der Kreativ- und Digital-Wirtschaft in Verbindung gebracht. Es ist aber längst kein Privileg von Freiberufler:innen, Reisen und Arbeiten zu verbinden. Tatsächlich ist es auch Unternehmen und ihrer festen Belegschaft möglich, von Remote Work aus dem Ausland zu profitieren.
Beim Recruiting von Millennials kann beispielsweise punkten, wer Prozesse anpasst, um die Arbeit als Digital Nomad zu ermöglichen. Schließlich fand das Marktforschungsinstitut Appinio heraus, dass es für 65 Prozent der befragten Arbeitnehmer:innen in Deutschland „sehr wichtig” sei, ihren Arbeitsort flexibel wählen zu können.[1]
Aber auch für die Generation der Babyboomer kann die Möglichkeit, remote aus dem Ausland zu arbeiten, bedeuten, den ein oder anderen Lebenstraum früher als geplant zu verwirklichen – und dadurch für neue Perspektiven und Motivation sorgen.
In beiden Fällen sorgt der feste Arbeitsvertrag für die nötige Sicherheit, um das private Glück mehr ins Auge zu fassen. Das macht die Mitarbeitenden loyaler und hält ihre Expertise mittel- bis langfristig im Unternehmen.
Der Wunsch, das Nicht-Alltägliche alltäglich zu machen, ist die treibende Kraft des Arbeits- und Lebensmodells Digital Nomad. Dazu gehören aber nicht nur der Zauber fremder Landschaften und die Schönheit neuer Orte, sondern auch jede Menge Herausforderungen.
Vor dem Remote-Work-Abenteuer kommt der Behördengang
Da das Arbeitsmodell Digital Nomad bisher eher eine Randerscheinung ist, gibt es juristisch einiges zu klären. Personalabteilungen und Mitarbeiter:innen sollten beispielsweise, bevor die deutsche Grenze überschritten wird, mindestens diese 3 Fragen beantworten können:
- Welche Arbeitserlaubnis wird benötigt?
- Wo und wie wird sozialversichert?
- Wo wird versteuert?
EU-Staaten bieten sichere Rechtsgrundlage
Geht die Reise in einen der 27 EU-Mitgliedstaaten, ist im Vertrag zur Arbeitnehmerfreizügigkeit ein grober Rahmen definiert:
- Mit der A1 Bescheinigung können Unternehmen Mitarbeitende bis zu 24 Monate ins europäische Ausland entsenden.
- Außerdem bleiben Mitarbeitende mit A1 Bescheinigung auch dann am Unternehmenssitz sozialversichert, wenn sie im europäischen Ausland arbeiten.
- Ist die Tätigkeit zeitlich auf maximal 183 Tage begrenzt, wird am Unternehmenssitz versteuert. Ab dem 184. Tag sind je nach Doppelbesteuerungsabkommen gegebenenfalls am Unternehmenssitz und am Aufenthaltsort Steuern zu entrichten.
In Drittstaaten ist juristischer Beistand das A und O
Möchten Mitarbeiter:innen außerhalb der EU remote arbeiten, ist in jedem Einzelfall die Rechtslage im Land des Unternehmenssitzes mit der im Drittstaat abzugleichen.
Dabei spielt zum Beispiel eine wichtige Rolle, ob Sozialversicherungs- und Doppelbesteuerungsabkommen bestehen, welche verschiedenen Visa-Modelle es gibt oder ob sogar eine Betriebsstättengründung im Drittstaat in Betracht zu ziehen ist.
Ohne juristische Unterstützung ist der bürokratische Aufwand für Digital Nomads und ihre Arbeitgeber:innen deshalb leider kaum zu bewältigen.
Als Digital Nomad will Freiheit gelernt sein
Können Mitarbeiter:innen alle internen und externen Abstimmungen digital durchführen und sich ihre Arbeitszeit selbst einteilen, erfüllen sie die Grundvoraussetzung für das Arbeiten als Digital Nomad. Um komplett remote aus dem Ausland arbeiten zu können, braucht es aber noch ein bisschen mehr:
Digital Nomads benötigen Technikaffinität, Soft Skills und Vertrauen im Beruf
Wer als Digital Nomad durchstarten möchte, sollte die Arbeit im Homeoffice nicht schon zu Hause als Herausforderung empfunden haben. Remote Work aus dem Ausland sollte nicht als berufliche Flucht nach vorne missverstanden werden.
Denn Kernkompetenzen wie Eigeninitiative, Selbstständigkeit und Anpassungsfähigkeit werden mit jedem Kilometer, der zwischen Mitarbeiter:innen und ihrem Unternehmen liegt, noch wichtiger.
Schließlich muss man sich am anderen Ende der Welt nicht nur selbst um Soft- oder Hardware-Probleme kümmern, sondern auch genauso viel Präsenz und Expertise im Unternehmen zeigen wie zu Hause. Das online zu bewerkstelligen, erfordert von Mitarbeiter:innen ausgeprägte Soft Skills und kann nur mit dem vollen Vertrauen von Kolleg:innen und der Führungskraft funktionieren.
Remote Work aus dem Ausland ist Resilienz, Kommunikation und Zeitmanagement
Der Wunsch, das Nicht-Alltägliche alltäglich zu machen, ist die treibende Kraft des Arbeits- und Lebensmodells Digital Nomad. Dazu gehören aber nicht nur der Zauber fremder Landschaften und die Schönheit neuer Orte, sondern auch jede Menge Herausforderungen.
Beispielsweise werden die Wohnungssuche oder Bürokratie fernab der Heimat in der Regel nicht weniger anstrengend. Auch Sprachbarrieren und Heimweh können auf Dauer sehr aufreibend sein.
Das wird auch die Beziehung zu den Kolleg:innen und Führungskräften beeinflussen. Da sich die Lebensrealitäten im Team stärker unterscheiden, kann es deshalb helfen, öfter auch Nichtberufliches zum Thema zu machen. Beim Arbeiten von überall hat das weniger mit Oversharing als mit Teambuilding und Vertrauensförderung zu tun.
Außerdem kann es sinnvoll sein, trotz flexibler Arbeitszeiten verbindliche Termine bezüglich Erreichbarkeit und Abstimmungen einzuführen. Gerade beim Zusammenarbeiten in verschiedenen Zeitzonen vermeidet man so unnötige Wartezeiten und zu knappe Zeitfenster.
Nomadische Digitalarbeit im Überblick
Damit die Verbindung von Reise und Arbeit für Unternehmen und Mitarbeiter:innen zu einer echten Win-Win-Situation wird, möchten wir beiden etwas mit auf die Reise geben:
- Für Mitarbeiter:innen, die als Digital Nomad durchstarten möchten:
Machen Sie sich klar, dass Ihre neue Freiheit berufliche und private Mehrverantwortung bedeutet – ohne Beförderung oder Gehaltserhöhung.
Sind Sie sich den Herausforderungen bewusst, kann Ihr Traum vom Arbeiten unter Palmen aber durchaus in Erfüllung gehen. - Für Unternehmen, die Arbeiten von überall möglich machen möchten:
Trauen Sie Ihrem Team etwas zu und schaffen Sie die nötigen juristischen und technischen Voraussetzungen für Remote Work aus dem Ausland. Ihr Unternehmen wird nicht nur von einem neuen Geist beflügelt werden, sondern auch Mitarbeiter:innen langfristig besser binden können.
[1] Appinio (2021): Future of Work 2021