Slow Travel: Entschleunigt reisen im Hier und Jetzt

Eine Frau sitzt mit Wanderausrüstung an einem Bach im Wald
Nikolas Feireiss
Nikolas Feireiss
Sehenswürdigkeiten nicht abhaken, sondern erleben. Noch besser: Dinge als sehenswürdig entdecken, die nicht in jedem Reiseführer stehen. Darum geht es beim Slow Travelling. Es ist mehr als eine neue Form des Reisens, es ist eine Lebenshaltung. Wenn wir uns Zeit nehmen, genießen und es uns gönnen, einfach mal nichts zu müssen, erfahren wir nicht nur neue Landschaften, sondern entdecken auch an uns selbst unbekannte Seiten.
  1. Was ist Slow Travel?
  2. Überall möglich: Langsames Reisen
  3. Darum liegt das entschleunigte Reisen im Trend
  4. Slow Travel: Weniger ist mehr

Was ist Slow Travel?

Slow Traveller genießen das Glück des Zufalls. Sie verlieren sich mal in den Gassen einer kleinen Stadt, plaudern mit den Einheimischen und sind offen für Überraschungen. Slow Travel hat nichts mit Schneckentempo zu tun: Es steht für das bewusste Erleben beim Reisen.

Langsam Reisende möchten ihren Horizont im wahrsten Sinne erweitern, am besten abseits bekannter touristischer Hotspots. Wenn die besucht werden, eher in der Nebensaison. Dann laden sonst übervolle Strände zu Spaziergängen ein, der Blick auf ein Architekturdenkmal bleibt ganz unverstellt. So lässt sich auch vermeintlich Bekanntes neu erfahren. Der Luxus des Slow Travelling besteht in der Qualität der Erlebnisse.

Straße mit flachen Wohnhäusern in einem Weinbaugebiet der Toskana

Slow traveln lässt sich mit kleinem und großem Budget. Der größte Luxus dabei ist, Zeit zu „verschwenden“, eine Weile dem Flug der Wolken über dem Meer nachzusehen, irgendwo zu bleiben, nur weil es so schön ist. Eine Weinreise durch Umbrien, die Arbeit auf einem Biohof, das Erbummeln einer europäischen Metropole: Die Philosophie des langsamen Reisens lässt sich überall umsetzen, wenn man nur bereit ist. Dazu gehört, Ungeplantes willkommen zu heißen, lieber den schönen Umweg zu nehmen und im auf den ersten Blick Unscheinbaren, das Besondere zu entdecken. Neugierde auf Land und Leute und vor allen Dingen auf Alltägliches sollten ebenfalls nicht fehlen. Der Begriff Abenteuerreise bekommt so eine ganz neue Bedeutung.

Jede:r hat wohl schon am eigenen Leib erlebt, dass es gerade die unerwarteten, skurrilen, im Moment vielleicht sogar unerwünschten Erlebnisse sind, die schlussendlich eine Reise besonders machen, im Gedächtnis haften und bei späteren Erzählungen die Augen leuchten lassen. Die Schönheit einer Reise, die Lust und Erholung hängen nicht davon ab, wie viele Fotos gepostet werden konnten. Es kommt auf die inneren Bilder an, die bleiben und von denen sich noch lange zehren lässt.

Langsam, aber ganz sicher: Mehr Genuss

Slow Travelling ist verwandt mit der Slow-Food-Bewegung, die Ende der 1980er-Jahre in Italien als Gegenbewegung zum Fast-Food-Trend gegründet wurde. Ihre Ziele:
  • eine neue Genusskultur und bessere Qualität der Ernährun
  • die Förderung verantwortlicher Landwirtschaft, Fischerei und artgerechter Viehzucht
  • Schutz der regionalen Küche und Geschmacksvielfalt

Überall möglich: Langsames Reisen

Der Nachhaltigkeitsgedanke spielt beim Slow Travelling eine wichtige Rolle. Die eigenen Füße, das Rad, die Bahnfahrt werden bevorzugt. Das in der Nähe Erreichbare, die eigene Umgebung – Europa sowieso – bieten viel Unbekanntes und Unerwartetes, wenn man es nur entdecken möchte.

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Gepflasterte Straße im historischen Stadtkern von Rothenburg ob der Tauber mit Fachwerkhäusern

Wer sich einmal der Slow-Travelling-Idee öffnet, wird staunen, wie viele „alternative“ Reiseziele es jenseits der seit Jahrzehnten bekannten und beliebten Destinationen gibt. Und natürlich dürfen auch langsam Reisende ganz weit in die Ferne schweifen und dafür einen Flug buchen. Aber gerade dann sollten sie sich für den Aufenthalt vor Ort Zeit nehmen, die Gegend erkunden und mit Einheimischen ins Gespräch kommen. Fast Travelling vergeht in der Erinnerung so schnell wie eine schöne Sternschnuppe.

Stichworte für Slow Traveller

  • Lass deine Pläne los.
  • Genieße das Glück des Zufalls.
  • Entdecke lokale Handarbeit.
  • Investiere in Qualität.
  • Schlage Wurzeln.
  • Mische dich unter die Leute.
  • Sei Teil der Alltagskultur.
  • Folge den Tipps der Einheimischen.
Eine Person auf einer felsigen Anhöhe schaut sich den Sonnenuntergang an, im Hintergrund Berggipfel

Darum liegt das entschleunigte Reisen im Trend

Dass die Sehnsucht nach dem langsamen Reisen wächst, hat unterschiedliche Gründe. Viele von uns haben das Gefühl, dass das Leben immer schneller wird. Tage, Wochen, Monate sind getaktet mit Meetings, selbst Verabredungen im Freundeskreis werden mitunter Wochen im Voraus geplant. Sicher: Die Digitalisierung, die ständige Erreichbarkeit und der schnelle Informationsfluss haben unser Leben auch interessanter und einfacher gemacht. Vieles lässt sich effizienter erledigen und besser organisieren, wir werden gut informiert und unterhalten. Die Kehrseite der Medaille ist, dass ein Gefühl der Atemlosigkeit entsteht. Das Leben scheint manchmal einfach an uns vorbei zu rauschen.

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Das langsame Reisen setzt dem etwas entgegen, erst recht, wenn wir uns zusätzlich Digital Detox verordnen. Ohne Smartphone und Tablet zu reisen, ist als Ausgleich zu unserem digitalisierten Alltag ein wahres Abenteuer. So eine Erlebnisreise ist dann wirklich etwas ganz Besonderes. Langsames Reisen ist individuelles Reisen, abseits vom All-inclusive-Service einer Pauschalreise. Es passt zu dem Bedürfnis, das immer mehr Menschen teilen: In der globalisierten, sich ähnlicher werdenden Welt ein Stück Individualität zu finden und zu bewahren. Seinen Urlaub selbst zu gestalten, unabhängig im eigenen Rhythmus Lust zu wandeln – allein die Vorstellung ist paradiesisch.

Eine Straßenbahn fährt durch eine ruhige Straße mit alten Häusern in Lissabon

Slow Travel: Weniger ist mehr

Eine langsame Reise verbindet Slowness mit Aktivität. Slow Traveller interessieren sich für Details, nicht nur für das große Ganze. Sie lassen sich auf Land und Leute ein. Bummeln geht ihnen vor Sightseeing. Langsam Reisende übernachten auch mal in privaten Unterkünften, ziehen ein Ferienhaus dem Hotel vor oder reisen im Van oder Camper. Ein paar Worte der Landessprache öffnen Herzen und Türen. Erleben, ohne getrieben zu sein, sich in der Kunst der Zeitverschwendung zu üben und sich vom Augenblick inspirieren zu lassen, darum geht es den Slow Travellern.

Slow Travelling bedeutet, zu erleben und teilzunehmen, statt zuzuschauen und durchgeschleust zu werden. Das weniger mehr sein kann, erfahren Reisende, weil Langsamkeit intensivere Erfahrungen und Einsichten möglich macht. Diese Art des Reisens als Lebenshaltung wirkt im Alltag nach. Entschleunigung tut immer gut.

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