Ingunn, du hast Holmen vor 20 Jahren gekauft. Wie kam es dazu?
Die Fischerhütten von Holmen waren Teil meiner Kindheit, mein Vater und mein Großvater waren täglich hier. Ich erinnere mich noch daran, wie überall Kabeljau zum Trocknen hing. Meine Geschwister und ich sind ganz in der Nähe aufgewachsen. Schon als Fünfjährige legte ich hier Köder auf die Angelschnüre. Dann änderten sich die Zeiten, die Fischerei brachte den Menschen auf den Lofoten nichts mehr ein, die Hütten lagen brach.
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Was hast du dann gemacht?
Ich zog nach Südnorwegen, lebte dort mit meiner Familie und arbeitete im Ölgeschäft. Doch mir war immer klar, dass ich eines Tages zurückkehren und Holmen wieder zum Leben erwecken will. Es dauerte mehrere Jahre, bis ich den Kauf im Jahr 2001 endlich abschließen konnte – und eigentlich war ich anfangs gar nicht sicher, ob ich daraus wirklich ein Hotel machen sollte.
Was war ausschlaggebend dafür, doch ein Hotel daraus zu machen?
Nach dem Kauf inspizierte ich die Hütten näher und merkte, dass sie eigentlich in keinem so schlechten Zustand waren, allerdings einer gründlichen Renovierung bedurften. Ich engagierte eine Architektin, die gleich ganz aus dem Häuschen war, als sie Holmen sah und meinte, dieser historische Schatz müsse unbedingt bewahrt werden. Damit lag sie ganz auf meiner Linie. Zusammen entwarfen wir einen Businessplan und starteten die Renovierungsarbeiten.
Wann habt ihr die ersten Gäste im Holmen Lofoten begrüßt?
Das war 2007. Weil ich damals allerdings noch die meiste Zeit eine Tagesreise entfernt von Holmen in Südnorwegen lebte, war es schwierig, das Hotel zu führen. Wir öffneten nur in den Sommermonaten. 2012 zog ich dann aber komplett auf die Lofoten.
So konnte ich in den Folgejahren endlich vor Ort sein, die lokalen Gegebenheiten und das Tourismusgeschäft erkunden und überlegen, wie genau wir unser Hotel gestalten wollen, um uns von den anderen abzuheben. Die besten Ideen hierzu kamen mir dann während meiner Jahre in Südkorea.
So kannst du im Holmen Lofoten übernachten
- Jedes Suiteappartment besteht aus zwei Doppelzimmern, Bad, Dusche und Sauna und hat große Panoramafenster
- Die Einzel- und Doppelzimmer mit Dusche sind in skandinavischem Stil eingerichtet und bieten einen atemberaubenden Blick auf die Berge und die Norwegische See
- Die Fishermen’s cabins sind geräumige, liebevoll renovierte Hütten aus dem 19. Jahrhundert für Gruppen von zwei bis elf Personen
Du hast ein Hotel auf den Lofoten, aber fährst für einige Jahre nach Südkorea? Wie passt das zusammen?
Mein Ehemann war, wie ich, im Ölgeschäft und wurde von 2014 bis 2016 nach Südkorea geschickt. Meine Tochter und ich begleiteten ihn. Natürlich hat diese Reise die Entwicklung unseres Hotels verlangsamt. Es ist ja so gut wie unmöglich, ein Hotel auf den Lofoten von Südkorea aus zu führen. Umso mehr Zeit blieb mir aber für die Planung. Der entscheidende Einfall kam mir dann eines Tages beim Fernsehen.
Beim Fernsehen?
Ja, Südkorea hat ungefähr 500 Fernsehkanäle, leider alle ohne Untertitel. Zum Glück gab es aber auch BBC. Und dort sah ich in einer Kochsendung zum ersten Mal diesen leicht zerzausten Naturburschen, der mit Begeisterung köstliche Dinge draußen zubereitete, am liebsten über dem Feuer. Er war zwar Brite, hätte aber genauso gut aus dem nördlichen Polarkreis stammen können: Valentine Warner.
Der passt zu uns, dachte ich, lud ihn auf die Lofoten ein – und er sagte zu. Dank dieser Begegnung hat sich das Hotel nach unserer Rückkehr auf die Lofoten zu dem entwickelt, was es heute ist.
Wer ist Valentine Warner?
Was hat sich am Holmen Lofoten verändert, nachdem ihr aus Südkorea zurückgekehrt seid?
Wir konnten dann endlich unsere Ideen in die Tat umsetzen. Wir erweiterten die zu Übernachtungsmöglichkeiten umgebauten Fischerhütten um ein weiteres Gebäude mit Suiteappartements, tauschten Möbel aus, verfeinerten Kleinigkeiten. Das gesamte Hotel erhielt ein Upgrade.
Und dann kam uns Valentine Warner im Februar 2017 besuchen. Wir servierten ihm traditionellen Winterkabeljau nach Lofotenart und er sagte: „Ich bin angefixt, ich komme wieder.“ Und das tat er. Gemeinsam suchten wir nach einem Konzept für unsere Küche und entwickelten schließlich „Kitchen On The Edge Of The World“, bei dem die Gäste sich auf großartiges Essen und eine besondere Atmosphäre freuen können.
„Kitchen On The Edge Of The World“ – was verbirgt sich dahinter?
- Immer ein verlängertes Wochenende von Donnerstags bis Montag. Im Winter zur Winterkabeljauzeit, im Juni um Mittsommer herum und im Herbst, wenn die Natur ihre Farben wechselt
- In diesen Tagen sind neben dem Co-Host Valentine Warner eine weitere renommierte Köchin oder ein Koch aus seinem Kreis vor Ort
- Tagsüber stehen gemeinsame Aktivitäten wie zum Beispiel Fischen, Jagen, Bootsfahrten, Picknicken und Wandern auf dem Plan
- Jeden Abend wird ein Dinner mit besonderen Kreationen serviert, viel wird draußen zubereitet
- Auch die sorgfältig zusammengestellten Drinks kommen immer gut an
Welche Art von Küche erwartet die Besucher:innen?
Das ist schwer zu beantworten. Unsere Kochart passt eigentlich in keine Schublade. Unser Chefkoch ist wahnsinnig gut darin, unterschiedliche Geschmacksrichtungen zu einem neuen kulinarischen Erlebnis zu vereinen.
Etwas, das zunächst komisch klingen mag: Jakobsmuscheln mit Innereien, gebraten in Fett aus dem Magen von irgendeinem Tier. Es ist unglaublich delikat! Innereien zu essen mag für manche gewöhnungsbedürftig sein, für uns ist das aber normal. Wir möchten möglichst viel von dem geschlachteten Tier verwenden.
Das ist typisch für die Küche im Holmen Lofoten
- Zum Beispiel das Gemüse, Fisch, Meeresfrüchte, Lamm oder anderes Fleisch von den Lofoten
- Hier wird arktisches Essen gekocht – mit einem besonderen Twist, der wohl am ehesten Assoziationen an die asiatische Küche weckt
- Häufig verwenden die Küchenprofis fermentierte Lebensmittel. Dazu existiert eine stattliche Sammlung, die sogenannte Fermentation Library. Denn nichts wird vergeudet, falls Lebensmittel übrig bleiben, werden sie einfach fermentiert
Was macht euer Team aus?
Nachhaltigkeit ist für uns ein wichtiges Thema. Alle, die hier arbeiten, haben eine besondere Beziehung zur Natur und möchten mit ihr im Einklang leben, unsere Schätze und unser Erbe bewahren. Es sind durchweg geerdete Menschen. Niemand hat Angst, sich die Hände schmutzig zu machen und es gibt viel Gemeinschaftssinn. Ich glaube, das färbt auch auf unsere Gäste ab.
Du sagtest, bei euren Events herrsche eine ganz besondere Atmosphäre. Was macht die aus?
Die Atmosphäre hier ist sehr relaxed, selbst wenn es hinter den Kulissen geschäftig zugeht. Viele, die unsere Räumlichkeiten betreten, sagen, dass sie sich direkt entspannt fühlen. Es mag etwas merkwürdig klingen, aber das Ganze kommt mir manchmal vor wie eine Art menschliches Experiment – in einem zutiefst positiven Sinn. Uns ist aufgefallen, dass sich manche Menschen während dieser Zeit bei uns verändern. Wir rätseln immer noch, warum das so ist, aber sie tun es!
Inwiefern?
Wir hatten schon Gäste, die im Voraus separierte Tische wünschten und ganz für sich sein wollten. Und dann sind sie hier, und du erlebst, wie sie sich verwandeln. Innerhalb von vier Tagen lehnen sich anfangs wenig zugänglich wirkende Menschen plötzlich zum Nachbartisch rüber, um zu quatschen, schieben Tische zusammen und fühlen sich sichtlich wohl.
Nicht wenige weinen beim Abschied. Und viele kommen wieder. Wir sind vermutlich ein guter Ort für alle, die Entschleunigung suchen, die Hektik des Alltags hinter sich lassen möchten. Ich sage dazu gern: „Log off and reload!“
Für deinen Trip auf die Lofoten: Insidertipps von Ingunn Rasmussen
- Komme am besten außerhalb der Saison, um die Natur hier ungestört zu genießen: Frühling und Herbst sind wirklich toll, um die Lofoten zu erkunden, und der Winter hat seinen ganz eigenen Charme
- Plane mindestens eine Woche ein, um die Gegend wirklich kennenzulernen
- Meide die Plätze, über die du überall etwas lesen kannst, die also alle anderen besuchen
- Empfehlenswert ist eine geführte Tour: Guides bringen dich an beeindruckende Orte, deren Koordinaten auf keiner Touristenkarte stehen
- Diese Orte haben übrigens auf Instagram nichts zu suchen. Daher wird darum gebeten, das Handy nicht mitzunehmen. Wer ein Erinnerungsfoto möchte, bekommt aber selbstverständlich gerne eines
Wie können Besucher:innen sich bei euch „reloaden“?
Wir haben uns zum Beispiel bewusst dazu entschieden, die Zimmer ohne Fernseher auszustatten, weil wir fanden, dass der reale Blick nach draußen besser ist als jede TV-Sendung. Das Meer, die Berge, der Himmel, die Vögel. All das wirkt bei einem Urlaub auf den Lofoten so beruhigend. Und dann gibt es natürlich auch jede Menge Möglichkeiten, aktiv zu sein. Zum Beispiel beim Kajakfahren oder Yoga, und wir haben in der Umgebung großartige Wandergebiete.
Wie häufig wird bei den vielen zum Teilen auf Social Media geeigneten Situationen das Smartphone gezückt?
Die meisten Menschen, die zu uns kommen, lassen von sich aus das Smartphone auf dem Zimmer. Und es ist erstaunlich, wie sehr sie das Zusammensein ohne digitale Ablenkung genießen. Genau das ist es, was wir uns in Holmen wünschen: Menschen verbinden, Gemeinschaft schaffen.
Unser Motto lautet: „Join the bonfire“, denn das ist für uns einfach die perfekte Situation: Menschen, die am Lagerfeuer sitzen, in die Flammen schauen und sich miteinander unterhalten.