Die Anfangszeiten des Luxuslabels: Unverkennbarer Markenstil
Bottega Veneta, zu Deutsch „venezianische Werkstatt“, wird 1966 als Lederwarenmarke in Vicenza, einem Städtchen in der Region Venetien, gegründet. Von Beginn an steht Bottega Veneta für feinste italienische Handarbeit – eine Kennzeichnung der Taschen, Portemonnaies und Gürtel durch ein Logo ist überflüssig. Der Satz „When your own initials are enough“ wird zum Slogan des Hauses. Die Bottega-Accessoires gehören wegen ihrer hohen Qualität und des Understatements bald zur Ausstattung der Jetsetter:innen.
Prominente Unterstützung – gefolgt von Glanzverlust
In den 70er-Jahren eröffnet in Manhattan das erste Bottega-Veneta-Geschäft außerhalb Italiens. Prominente Menschen tragen dazu bei, dass die Marke immer bekannter und beliebter wird: Im Film „American Gigolo“ von 1980 trägt Schauspielerin Lauren Hutton eine Bottega-Clutch. Andy Warhol dreht 1985 einen Kurzfilm über das Label. Weitere Kundinnen sind die ehemalige US-amerikanische First Lady Jacqueline Kennedy Onassis und die Ex-Kaiserin Farah Pahlavi.
In den 80er-Jahren verliert die Marke jedoch an Glanz. Als Rettungsversuch bekommen die Accessoires BV-Logos, eine Bekleidungslinie wird vorgestellt – ohne Erfolg. Kurz vor der Insolvenz wird Bottega Veneta 2001 von der Luxusmarke Gucci gekauft.
Intrecciato: Von der Notlösung zum Luxusattribut
Ära Tomas Maier: Zurück zum alten Luxusimage
Von 2001 bis 2018 ist der deutsche Tomas Maier für das Design im Hause Bottega Veneta verantwortlich. Zuvor arbeitete er für verschiedene Modehäuser, unter anderem bei Hermès. Er kennt sich also gut aus in der Welt der Haute Couture. Maier knüpft an die Bottega-Veneta-Tradition des diskreten Luxus an und stellt die Handwerkskunst wieder in den Vordergrund. Logos verschwinden, das Intrecciato gewinnt an Bedeutung. Der Imagewechsel zurück gelingt: Bottega Veneta ist eine Luxusweltmarke für Accessoires, Mode, Inneneinrichtung, Schmuck und Parfüm. 2018 verlässt Maier das Unternehmen.
Ära Daniel Lee: Die avantgardistische Frischekur
Tomas Maiers Nachfolger ist der 32-jährige Brite Daniel Lee – kein Superstar der Branche, aber bei Insider:innen durch seine Arbeit im Modehaus Céline unter der Designerin Phoebe Philo ein bekannter Name. Daniel Lee gelingt es innerhalb kürzester Zeit, Bottega Veneta auch für Millennials attraktiv zu machen. Er verpasst der Marke eine Frischekur, ohne ihr die Exklusivität zu nehmen. Dabei hilft, dass in der Mode Luxus und Exzentrik kein Widerspruch mehr sind. Lees Mode ist experimentell und avantgardistisch.
Kein Label ohne It-Bags
- Die quadratische Ledertasche Cabat ist inspiriert von den offenen Cabas-Taschen, die auf den Märkten in Paris zu sehen sind.
- Die Knot verdankt ihren Namen dem knotenartigen Verschluss und ist eine gute Begleiterin zu eleganten Events.
- Die runde voluminöse Pouch sieht ein bisschen aus wie eine Regenwolke.
- Bei der rechteckigen Cassette ist das Flechtmuster enorm vergrößert. Es gibt auch eine gepolsterte Variante: die Padded Cassette.
- Die Jodie mit dem Knoten im Griff bekam ihren Namen, als sich Jodie Foster mit einem besonders großen Modell dieser Tasche vor Fotograf:innen schützte.
Die Lee-Strategie: It-Pieces, Rarmachen, Männermode
Bei den Accessoires legt Lee Hand beziehungsweise die Lupe an: Er vergrößert das berühmte Flechtmuster der Taschen und auch diese selbst ins Extreme und gibt ihnen damit eine neue, moderne Anmutung. Auffällige Farben wie Pink, Gelb und vor allem das kräftige Bottega Green tauchen in den Kollektionen auf. Seine Puddle-Boots mit knallfarbigen Gummisohlen werden auf Anhieb zu It-Pieces. Auch die Pumps von Bottega Veneta und die Sandalen mit quadratischen Zehen kommen gut an.
Stars übernehmen das Präsenzschaffen
Einen Wendepunkt leitet Daniel Lee beim Thema Öffentlichkeit ein: Statt an internationalen Terminen teilzunehmen, lädt er ausgewählte Gäst:innen zu exklusiven Salonschauen ein. Zudem löscht er die Social-Media-Präsenz der Marke und nutzt ein eigenes digitales Journal. „Mach dich rar, um begehrlich zu sein“ – so sein Motto. Da VIP-Kund:innen wie Justin Bieber, Kylie Jenner, Rihanna und Rosie Huntington-Whiteley zahlreiche Posts in Bottega-Veneta-Look absetzen, ist das Label trotzdem noch stark auf Instagram und Co vertreten.
Bottega Veneta for men
Anzüge, Herrenhandtaschen, Männerparfüm – auch die maskuline Modewelt blüht. Im Sommer 2020 bringt Daniel Lee mit dem Fotografen und Filmemacher Tyrone Lebon den Kurzfilm „Bottega Veneta: Men“ heraus. Es geht um Männlichkeit, ihr Verhältnis zur Mode und um Identitäten. Auskunft geben Regisseure, Musiker, Schauspieler und Künstler aus der Bottega-Veneta-Community, etwa der Rapper Octavian und der Tänzer Roberto Bolle. Gezeigt werden Looks aus verschiedenen Kollektionen, die einen guten Eindruck vom Bottega-Veneta-Style für Männer vermitteln.
Matthieu Blazy: Den Erfolgsweg weitergehen
Ende 2021, nach nur drei Jahren, trennen sich Daniel Lee und Bottega Veneta. Noch bei den Fashion Awards 2019 in London wurde Lee als „Designer of The Year“ ausgezeichnet, Bottega Veneta wird „Brand of the Year“. Es wird spekuliert, dass der Grund für den Abgang persönliche Differenzen seien.
Der neue Kreativdirektor im Luxusmodehaus ist Matthieu Blazy, 1984 in Paris geboren. Er arbeitete bereits als Design Director im Bottega-Veneta-Team. Als Referenzen weist er seine Tätigkeiten bei Céline, Raf Simons, Calvin Klein und Maison Margiela vor. Er gilt als perfekter Nachfolger von Lee, dessen Stil er weiterentwickeln möchte.
Bottega Veneta: Sich treu bleiben und neu erfinden
Bottega Veneta erfindet sich in seiner mehr als 50-jährigen Geschichte immer wieder neu: Tomas Maier macht das in die Jahre gekommene Label ab 2001 wieder attraktiv, indem er an die Tradition der Handarbeit und des diskreten Luxus anknüpft. Daniel Lee verschafft anschließend dem Bottega-Veneta-Luxus eine zeitgemäße Anmutung, begeistert auch Millennials und die Musikszene. Mit Lees Nachfolger Matthieu Blazy ist sehr wahrscheinlich: Bottega Veneta bleibt bekannt und begehrt.