Food Delivery 3.0: Ghost Kitchens in Deutschland

Koch würzt Gericht mit Matcha in Restaurantküche
Maike Schade
Maike Schade
Paul bestellt eine Pho. Laura möchte lieber eine Bowl und ordert die in einem anderen Restaurant. Zusammen wollen sie dann gemütlich auf dem Sofa essen, während die Serie dem nächsten Cliffhanger entgegensteuert. Was sie nicht wissen: Die beiden Lokale gibt es nur virtuell im Internet. Gekocht werden die Gerichte in ein und derselben Küche, die ausschließlich für den Lieferdienst oder die Abholung produziert. Kein Gastraum, keine Sitzplätze, keine Bedienung. Wie genau solche Ghost Kitchens funktionieren und wo in Deutschland es schon welche gibt, liest du hier.
  1. Gar nicht spooky: Feelgood Food aus der Geisterküche
  2. Geht viral: Die Berliner Ghost Kitchen Vertical Food
  3. Da haste den Salat: Eatclever aus Hamburg
  4. Delivery-only Restaurants: Eine Revolution der Lieferdienstbranche?!

Gar nicht spooky: Feelgood Food aus der Geisterküche

Ghost Kitchen, das klingt aufregend. Tatsächlich verbirgt sich hinter dem Begriff ein altes Konzept, aber mit einem Tick Raffinesse: Die sogenannten Geisterküchen sind im Prinzip Lieferservices, die ausschließlich zur Abholung oder Auslieferung kochen, braten und brutzeln. Pizzabäcker machen das schon lange so. Der Unterschied zu diesen klassischen Bringdiensten: Die Ghost Kitchens setzen auf qualitativ hochwertige, gesunde Speisen, vielfach aus regionalen Zutaten – sie versprechen geliefertes Essen in Restaurantqualität. Statt Klassikern wie Pizza Hawaii stehen bei den Anbieter:innen außerdem häufig kreative Gerichte und Foodtrends auf der Speisekarte.

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Doch nicht nur das Repertoire ist bei einer modernen Geisterküche etwas raffinierter als beim altbekannten „meals on wheels”. Viele Ghost Kitchens vereinen gleiche mehrere Foodmarken unter der Dunstabzugshaube. Auch wenn die Onlineauftritte dieser Delivery-Unternehmen suggerieren, dass es sich um eigenständige Restaurants handelt, werden alle Gerichte in einer Küche gekocht und die Verpackung schließlich mit dem entsprechenden Brandaufkleber versehen. Gar nicht spooky. Sondern clever, denn so werden verschiedene Geschmäcker bedient.

Teller mit mexikanischer Bowl

Nerdpedia

NBC New York erfand den Ausdruck Ghost Kitchen, und zwar in einem Bericht im Jahr 2015.

Geht viral: Die Berliner Ghost Kitchen Vertical Food

Das Berliner Start-up Vertical Food beispielsweise betreibt Stand April 2021 zehn verschiedene Restaurants, darunter Vadolì (Pizza), Fresh’s (Bowls, Wraps, Salate), Spagettini (Pastagerichte) oder auch Spyces (orientalisch angehauchte Speisen). Das Unternehmen setzt dabei voll auf Digitalisierung: Die Bestellung ist ausschließlich über das Internet möglich, und Vertical Food nutzt die so gewonnenen Daten zur Perfektionierung des Angebots. Welche Gerichte aus welchem Restaurant werden zu welcher Tageszeit in welchem Stadtviertel besonders nachgefragt?

Das Speisenangebot wird entsprechend angepasst und die Fahrtrouten der Auslieferer und Auslieferinnen über einen selbst entwickelten Algorithmus optimiert. Besonders clever: Während die Lieferautos unterwegs sind, gart beispielsweise die Pasta im Kofferraum auf eigens entwickelten heißen Platten weiter, damit sie auf den Punkt bissfest auf den Esstisch kommt. Lauwarme, pampige Gerichte aus der Styroporverpackung? Nicht bei einer guten Geisterküche.

Dieses Konzept geht so gut auf, dass Unilever Food Solutions & Langnese Deutschland im März 2021 als Kooperationspartner bei Vertical Food eingestiegen ist. Ambitioniertes Ziel: Deutschlandweit sollen bis zu 50 weitere Ghost Kitchens aufgebaut werden, zunächst in Großstädten wie Hamburg, Köln, Frankfurt oder München.

Welche Konzepte für virtuelle Restaurants gibt es noch?

Geisterküchen müssen nicht immer nur ausschließlich virtuell betrieben werden. Restaurants, die auf traditionelle Weise Gäst:innen vor Ort bewirten, können in ihren Küchen zusätzlich Gerichte für eine Ghost Kitchen zaubern. Unter einem anderen Branding werden dann Speisen hergestellt und verkauft, die ausschließlich für die Abholung oder Lieferung gedacht sind. Ebenso ist es möglich, dass das Restaurant Gerichte für einen anderen Betreiber einer Geisterküche produziert.

Da haste den Salat: Eatclever aus Hamburg

Nicht nur Vertical Food versucht, mit Geisterküchen in den deutschen Großstädten Fuß zu fassen. Eine beeindruckende Erfolgsgeschichte kann auch das Hamburger Start-up Eatclever vorweisen: Mit seinen mittlerweile drei Marken Eatclever, Taste&Soul und Chicos bringt das „Feelgood Food Delivery“-Unternehmen mittlerweile an mehr als 50 Standorten in Deutschland, der Schweiz, Österreich und auch Großbritannien Leckeres ins Büro oder an den heimischen Tisch. Oder Stadtsalat: Das ebenfalls in Hamburg gegründete Unternehmen liefert vornehmlich Salate, Bowls, Pfannengerichte und Wraps für die gesunde Mittagspause aus – mittlerweile auch in Frankfurt und Berlin.

Sushi in Pappschachtel

Abseits der großen Metropolen sind es eher kleinere Anbieter, die aus Geisterküchen liefern. In Münster hat sich das Umai einen guten Namen für asiatische Delivery-Gerichte gemacht. Die Underground Kitchen in Cloppenburg setzt auf regionale Zutaten und höchste Qualität: Die Speisen, darunter Ramen, Bowls, Sushi oder Currys, werden so vorbereitet, dass sie auf dem Weg fertig garen können.

Delivery-only Restaurants: Eine Revolution der Lieferdienstbranche?!

Wie viele Ghost Kitchens es mittlerweile in Deutschland gibt, weiß der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) nicht – es gebe „viel Bewegung in diesem Bereich“. Klar ist aber: Die Tendenz ist zunehmend und die Take-Away-Branche generell eine wachsende, auch wenn einige Popup-Delivery-Küchen ebenso schnell wieder verschwinden wie sie aufgetaucht sind. Dennoch könnten Geisterküchen zumindest den Delivery-Markt revolutionieren.

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