- Trend zum bewussten Verzicht: Weniger ist mehr
- Tiny Houses: Leben auf kleinem Fuß
- Tiny Houses: Bauart, Ausstattung, Kosten
- Kaum geeignete Grundstücke in Ballungsräumen
- Mit dem Haus zum TÜV
- Land in Sicht: Tiny-House-Quartiere geplant
- Tiny House auf Probe
Trend zum bewussten Verzicht: Weniger ist mehr
Das Streben nach Wachstum ist in den westlichen Gesellschaften stark verankert. Auch für viele Individuen gibt es im Leben das klare Ziel, sich ständig zu verbessern: mehr Geld, mehr Ansehen, mehr Lebensqualität. Letztere ist oft mit dem Traum eines geräumigen Eigenheims verbunden. Möglichst viele Zimmer, Garten oder Dachterrasse, großes Grundstück.
Doch seit einigen Jahren gibt es eine Gegenbewegung, die das Zukunftsinstitut bereits als „Trend zum bewussten Verzicht“ ausgemacht hat. Diese sei allerdings das Phänomen einer Wohlstandskultur und nur für jene Bevölkerungsgruppen wirklich nachvollziehbar, die im Zuviel leben und eine ausgeprägte Konsumkultur kennen würden. Diese Gruppen stellen sich der zunehmenden Verschwendungssucht unseres Zeitalters entgegen. Aspekte wie Nachhaltigkeit und Genügsamkeit, aber auch Unabhängigkeit und Freiheit gewinnen zusehends an Relevanz.
Küstenbewohner:innen sind Tiny-House-Fans
Tiny Houses: Leben auf kleinem Fuß
Eine Ausprägung dieses neuen Minimalismus sind Tiny Houses, auch Tiny Homes genannt. Das sind kleine, oft mobile Häuschen, die selten mehr als 50 Quadratmeter Wohnfläche bieten. Und diese Art des beengten Wohnens wird auch bei Menschen immer beliebter, die sich problemlos größere Unterkünfte finanziell leisten könnten.
Ursprünglich kam der Trend aus den USA, doch auch in Deutschland findet sich mittlerweile eine große Anhängerschaft. Die in Großstädten teilweise exorbitant steigenden Mieten, gepaart mit dem immer größer werdenden Umweltbewusstsein der Deutschen, tragen zu dieser Bewegung sicherlich bei.
Tiny Houses: Bauart, Ausstattung, Kosten
Tiny Houses verfügen über alles Lebensnotwendige, was auch in größeren Häusern zu finden ist: Küche, Bad, Wohn- und Schlafmöglichkeiten. Aber eben alles auf engstem Raum. Für große Möbel oder gar Dekorationsgegenstände ist kein Platz. Dafür gibt es einklappbare Betten und Tische, Schubladen, die unter Treppenabsätzen angebracht werden oder LED-Panels in den Wänden, damit die Lichtquelle keinen Platz wegnimmt. Die Planung gestaltet sich mitunter aufwendig, Ideenreichtum ist gefragt.
Dafür dauert die Bauphase nicht lange. Erfahrene Baufirmen fertigen ein komplettes Tiny House innerhalb eines Vierteljahres. Die einfachsten Tiny Houses sind schon für 20.000 Euro zu bauen, Luxusvarianten können aber auch das Zehnfache davon kosten.
Kaum geeignete Grundstücke in Ballungsräumen
Wer zwar auf Wohnraum verzichten kann, aber nicht auf eine urbane Umgebung, muss bis zur Verwirklichung eines Tiny Houses in Deutschland mit der einen oder anderen Hürde rechnen. Denn auch wenn diese Art der Unterkunft nur wenig Stellplatz benötigt, muss auch dieser zunächst gefunden werden. Weil viele leer stehende Flächen in Städten in der Hand von Bauträgern sind, gestaltet sich das mitunter schwierig. Und auch Tiny Homes dürfen nur dort errichtet werden, wo es die kommunalen Bebauungspläne zulassen.
Eine weitere Schwierigkeit: Auch nach dem Grundstückserwerb muss der Bau des Tiny Houses noch per Bauantrag genehmigt werden, was keine Selbstverständlichkeit ist. Dazu gehören ein Lageplan, Grundrisse, Zeichnungen des geplanten Baukörpers und ein Wärmeschutznachweis. Die Mühlen der Bürokratie mahlen auch bei Tiny Houses nicht minimalistisch.
Tiny House Verband: Ratgeber und Netzwerk
Mit dem Haus zum TÜV
Nicht viel einfacher ist die Umsetzung bei mobilen Tiny Houses in Deutschland, die auf Anhängern montiert sind. Dann handelt es sich zwar nicht mehr um eine bauliche Anlage. Doch auch beim Bau dieser Mini-Häuser, die dann eher größeren Wohnwagen gleichen, gelten bauliche Regeln, zudem unterliegen sie dem Straßenverkehrsrecht.
Upgrade für Weltenbummler:innen
Das bedeutet, dass die Tiny Houses nicht einfach irgendwo abgestellt werden können. Baugrund und Infrastruktur sind unabdingbar, es braucht etwa einen Anschluss an das Straßennetz, die Kanalisation sowie das Wasser- und Stromnetz. Zudem sind die Maße eines Tiny Houses auf Rädern in Deutschland auf 2,55 Meter Breite, 4 Meter Höhe und 3,5 Tonnen Gewicht begrenzt. Und das mobile Haus müsste regelmäßig zum TÜV gefahren werden.
Land in Sicht: Tiny-House-Quartiere geplant
Um die Nachfrage nach Bauland für Tiny Houses zu stillen, haben sich verschiedene Kommunen dazu entschlossen, durch geeignete Bebauungspläne Tiny-House-Siedlungen in begrenzten Bereichen zu ermöglichen. So sollen beispielsweise in der Gemeinde Erndtebrück im Siegerland (NRW) oder in Wiesenburg (Brandenburg) solche Ansammlungen von Tiny Houses entstehen. Und im Urban Ecovillage Hannover ist ein experimentelles Wohn- und Lebensquartier für rund 1.000 Menschen geplant.
Tiny House auf Probe
Das minimalistische Leben auf kleinstem Raum ist im Kommen. Immer mehr Menschen wird bewusst, wie wenig sie eigentlich zum Leben brauchen – und sie fühlen sich zufriedener, wenn sie sich darauf beschränken. Wer sich mit dieser Idee zwar anfreunden kann, aber noch zweifelt, ob diese Art des Lebens auch dauerhaft erstrebenswert ist, kann ein Tiny House auch mieten.
Viele Ferienorte in ganz Deutschland haben sich auf die neuen Vorlieben der Besucher:innen eingestellt und bieten diese kleinen Fluchten vom Alltag zeitweise an. Einen Überblick bietet beispielsweise die Website Tiny-houses.de.